Abstract Seit Sommer 2021 lässt sich die Etablierung des Migrationsregimes an der polnisch-belarusischen Grenze beobachten. Die katholische Kirche gehört in Polen zu den wichtigen Akteur*innen auf der politischen Bühne. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern sie sich in das Migrationsregime an der polnisch-belarusischen Grenze einmischt. Dabei interessiert mich die Frage, welche Narrative die katholische Kirche im Hinblick auf die Situation an der Grenze entwickelt. Ziel des Beitrags ist es, die Funktionen aufzuzeigen, die diese Narrative im Rahmen der soft-autoritären Transformation erfüllen.
Keywords Poland, migration regime, soft authoritarian transformation, narration, Catholic Church, help for refugees
»Dieses Europa, das wir kennen, ist ein Produkt der imperialen und kolonialen Geschichte.«
—Shalini Randeria (2022: o.S.)
»Die Rigidität des Rassismus ist der Schlüssel zu seiner Komplexität. […] Die ganze symbolische und narrative Energie, all jene diskursive Arbeit, die dafür aufgewendet wird, das Flottieren des rassischen Signifikanten in Gang zu halten, ist darauf gerichtet, uns ›hier‹ und die anderen ›da drüben‹ zu platzieren und jede Identität in dem ihr jeweils zugewiesenen Habitat zu fixieren. Doch all diese Bemühungen wären nicht nötig, gäbe es da nicht jene Tendenz, die Kultur als eine dem ›Spiel‹ der Signifikation oder der Geschichte gegenüber offene Struktur von Ähnlichkeiten und Differenzen immer aufweist, nämlich die bei allen Signifikanten vorhandene Neigung dazu, hin- und herzugleiten.«
—Stuart Hall (2018: 92; Herv. i.O.)
Die wissenschaftliche Konstruktion von Problemstellungen bewegt sich nicht jenseits der rassifizierten, hegemonialen und imperial gewachsenen Wissenskulturen, die bestimmen, »wie wir wissen, was wir wissen« (Knorr Cetina 2002: 11; Herv. i.O.). Der Begriff Wissenskultur bringt die Produktion des wissenschaftlichen Wissens in den Vordergrund, also die Prozesse der Entscheidungsfindung bei der Produktion des Wissens und die Aushandlungsprozesse während der Produktion der wissenschaftlichen Wahrheit (vgl. Reichmann/Knorr Cetina 2016: 47). Das Wissen spiegelt die Wirklichkeit wider und ist zugleich performativ in dem Sinne, dass es eine Wirklichkeit fabriziert und desgleichen neue Handlungsspielräume eröffnet und andere schließt (vgl. Kocyba 2004: 304). Kritische Grenzregimeforschung lenkt den Fokus auf die epistemologischen Gewissheiten, die ein bestimmtes Verständnis von Politik, Staat, Wissenschaft und Migration hervorbringen (vgl. Hess/Kasparek/Schwertl 2018: 269).
Lässt sich überhaupt und, wenn ja, wie/auf welche Weise auf eine Konstruktion der Problemstellung im Kontext der Ereignisse an der polnisch-belarusischen Grenze im Sommer 2021 hinweisen, ohne auf die rassifizierten Erzählhegemonien zurückzugreifen? Jeglicher Versuch, die Situation an der polnisch-belarusischen Grenze zu schildern und das Wissen über diese Situation zu teilen, schließt an die Codes dieser rassifizierten Erzählhegemonien an. Im Sommer 2021 suchten vermehrt Menschen vor allem aus dem Mittleren Osten und teilweise aus Afrika nach einer Möglichkeit, über die polnisch-belarusische Grenze in die Länder der Europäischen Union einzureisen. Im Sommer 2021 notierte der polnische Grenzschutz 300 Prozent Übertritte mehr als im Jahr 2020 (Szczepańska 2022).1 Die Erwähnung der Länder bzw. Kontinente, aus welchen sich die Menschen auf den Weg machen, wie der Mittlere Osten oder Afrika, ebenso wie die Anzahl der Übertritte sind symbolische Codes, die es ermöglichen, rassifizierte und kolonialisierte Wissensbestände in den Umlauf zu bringen wie z.B. der Begriff des »hybriden Angriffs«2, mit dem die Legitimation für eine brutale und menschenunwürdige Migrationspolitik an der Grenze Polens zu Belarus geschaffen wird, um sie dann wiederum zu normalisieren. Ein anderer Terminus, mit dem die Situation an der Grenze beschrieben wird, ist »Migrationskrise«. Mit diesem werden Personen, die migrieren, zur Ursache der Migration deklariert (vgl. Grupa Granica 2022: 10), die nicht vorhandene solidarische Hilfeinfrastruktur verschleiert und der Mauerbau – 5,5 Meter hoch und mit einem Klingendraht versehen – an der Grenze Polens zu Belarus legitimiert. Darüber hinaus wird mit Hilfe dieser Terminologie die Einführung des Ausnahmezustands in dieser Region gerechtfertigt, was mit der Verunmöglichung des Zugangs für Wissenschaft und Presse, der Übergabe der Kontrolle über die Situation an das Militär und den polnischen Grenzschutz sowie der Einführung von Praktiken des Pushbacks einhergeht. Was die beiden Ausdrücke im Kontext des Fluchtdiskurses suggerieren, lässt sich als In-die-Welt-Setzung einer Differenzlinie, die nationale Zugehörigkeit als eine Differenz hervorhebt, deuten. Diese Differenzlinie übernimmt gleichzeitig die Funktion einer Grenzordnung, die bestimmt, wer dazu gehört und wer nicht.
Der Ausdruck »humanitäre Krise« ist treffender, da er hinsichtlich der Personen, die sich auf den Weg in die Länder der Europäischen Union gemacht haben, den fehlenden Zugang zu existenziellen Dingen wie Lebensmitteln und Wasser oder zu Bereichen wie der medizinischen Versorgung oder dem Rechtssystem veranschaulicht (vgl. Grupa Granica 2022; Klaus 2022; BBnG 2023). Die Bezeichnung als humanitäre Krise nimmt auch die Kriminalisierung der Migration, der Hilfe und der Helfenden in den Blick (ebd.).
An der polnisch-belarusischen Grenze findet ein Kampf sowohl um die offene, liberale und plurale Gesellschaft als auch um die Transformation der Hilfe statt. Die katholische Kirche spielte während der Phase des Staatssozialismus wie auch nach 1989 eine entscheidende Rolle im sozialen Bereich in Polen (vgl. Auleytner 2008). Die Kirche war in den letzten Jahrzehnten die wahrscheinlich wichtigste Akteurin bei der Leistung von Hilfe für vulnerable Gruppen in Polen. Allerdings war ihre Hilfe selektiv. Die Kirche trägt daher eine Verantwortung dafür, die vulnerablen Gruppen zu schaffen, denen sie keine Hilfe zukommen lässt, wie z.B. Personen, denen das Recht auf Schwangerschaftsabbruch verwehrt wird oder Personen aus der LGBTIQ+ Community (vgl. Graff 2010: 75–91; Ramme 2020; Ostaszewska 2024). Die katholische Kirche nimmt in Polen auch die Rolle einer Mobilisierungsakteurin z.B. gegen Gleichstellungspolitiken ein (vgl. Chołuj 2017) und beteiligt sich am Abbau von Frauen*rechten (Kasten 2020). Nach 1989 wurde unter massivem Druck der römisch-katholischen Kirche auf die Gesetzgebung (vgl. Nowicka 2008: 39) und mit Unterstützung eines Teils der Politiker*innen des Solidarność-Lagers für diese kirchlichen Forderungen die aus der Volksrepublik Polen stammende sehr liberale Abtreibungsgesetzgebung deutlich eingeschränkt (vgl. Druciarek 2016: 2).
Im Kontext der humanitären Krise an der polnisch-belarusischen Grenze taucht außerdem eine neue Akteurin auf, die nicht plötzlich in Erscheinung tritt, sondern nach jahrzehntelangen Kämpfen um die Demokratieförderung reichlich Erfahrung im Netzwerken und im Aufbau von Hilfestrukturen mit sich bringt. Es sind linke und No-Border-anarchistische Aktivist*innen aus verschiedenen Kontexten3, die gemeinsam mit der Zivilgesellschaft vor Ort – d.h. an der polnisch-belarusischen Grenze – die Infrastruktur der Hilfe für Migrant*innen ins Leben rufen. Die Zivilgesellschaft und die verschiedenen aktivistischen Gruppen sind die neuen Akteur*innen, die sich nicht nur den konkreten solidarischen Praktiken der Hilfe widmen, sondern sich als diskursive Agent*innen für die demokratischen Vorgehensweisen im Kontext des Grenzregimes in Polen einsetzen wie z.B. den Zugang zum Asylverfahren, die Kritik an den Pushbacks und die Versorgung der Geflüchteten mit Nahrung, Wasser und sauberer, trockener Kleidung. Die »soft-autoritäre« Regierung in Polen konstruiert diese neue Form der Beteiligung und der Einmischung allerdings als Bedrohung für die nationale Sicherheit, was zur Folge hat, dass sie die geleistete Hilfe kriminalisiert und die Helfenden massiven Repressionen aussetzt.
Nach wie vor ist die katholische Kirche in Polen im Bereich der Migrationspolitik eine bedeutende Akteurin auf der politischen Bühne (vgl. Cekiera 2022). Rafał Cekiera (2022) begründet dies mit der solidarischen Haltung gegenüber Migrant*innen und politischen Maßnahmen wie humanitären Korridoren für Geflüchtete. Der Abbau von Frauen*rechten und der Rechte von LGBTIQ+ Communities sind ein Teil der Herrschaft des »sanften Autoritarismus« (vgl. Randeria 2022), an dem sich die katholische Kirche beteiligt, so die Ausgangsthese dieses Artikels. Die Kirche ist an dieser Stelle einerseits Komplizin des rechtsnationalen politischen Lagers Polens, in dem »eine weitreichende ideologische Einigkeit bezüglich der Organisation der Gesellschaft und des Staates gemäß eines heteronormativen, familistischen und katholischen Nationalismus« herrscht (Ramme 2020: 97), andererseits verbindet die Kirche ihre eigene Geschichte mit der der Migration und sieht sich besonders nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in der Verantwortung, Personen, die auf dem Weg sind, zu unterstützen (vgl. Wojnicz 2017).
Die katholische Kirche in Polen hat sich nach 1989 für die Verschärfung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch eingesetzt und die Repressionspolitik im Bereich der sexuellen und reproduktiven Rechte vorangetrieben (vgl. Kasten 2022). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern sich die katholische Kirche als eine der wichtigsten Akteur*innen in Polen in das Migrationsregime an der polnisch-belarusischen Grenze einmischt. Dabei interessiert mich die Frage, welche Narrative die katholische Kirche zur Situation an der polnisch-belarusischen Grenze entwickelt. Ziel des Beitrags ist es, die Funktionen aufzuzeigen, die diese Narrative bei der soft-autoritären Transformation erfüllen.
Im ersten Schritt stelle ich den theoretischen Rahmen des Beitrags dar. Dabei verwende ich zwei Ansätze: den Ansatz des »sanften« Autoritarismus und den Ansatz des Grenzregimes. Anschließend gehe ich auf die narrative Diskursanalyse als methodologischen Rahmen ein. Als Nächstes stelle ich die vier herausgearbeiteten Narrative, die die katholische Kirche etabliert, dar: das Bedrohungsnarrativ, das Barmherzigkeitsnarrativ, das neo-koloniale Narrativ und das anti-hegemoniale Narrativ. Abschließend präsentiere ich die Funktionen dieser Narrative bei der »soft-autoritären« Transformation in Polen.
»Sanfter« Autoritarismus als demokratisch legitimierte Grenzregimepolitik
Die Analyse der Situation an der polnisch-belarusischen Grenze verorte ich an der Schnittstelle des Ansatzes des »sanften« Autoritarismus (vgl. Hagedorn/Hasewend/Randeria 2019; Adam/Steinhauer/Randeria 2022; Randeria 2022) und des Ansatzes des Grenzregimes (vgl. Hess/Kasparek 2010; Heimeshoff et al. 2014; Hess et al. 2017). »Sanfter« Autoritarismus wird als ein schleichender Prozess der sukzessiven Untergrabung der Prinzipien und Institutionen liberaler Demokratien mit demokratischen Mitteln beschrieben (vgl. Adam/Steinhauer/Randeria 2022: 18). Die Erosion demokratischer Institutionen geschieht z.B. durch Maßnahmen zur Untergrabung unabhängiger Medien, durch Einführung rechter Ideologie in die Lehrpläne, durch Einschränkung der akademischen Freiheit oder durch die Verzerrung von Wahlergebnissen mittels Gerrymandering (vgl. Adam et al. 2024: 131): »Soft authoritarianism beschreibt also nicht den Übergang von der Demokratie zur Diktatur, sondern einen eigenen, relativ stabilen Regierungsstil, der mit spezifischen Praktiken und Machttechniken einhergeht.« (Adam/Steinhauer/Randeria 2022: 18f.; Herv. i.O.) Die ›Herrschaft durch Recht‹ wird von sanft autoritären Regimen zur Zersetzung der Herrschaft des Rechts eingesetzt (vgl. Randeria 2021a). Bürger*innenrechte, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit oder Gewaltenteilung werden in Frage gestellt und kritische Stimmen der Zivilgesellschaft werden als »antinational« diskreditiert (vgl. Randeria 2021b). Der Ausdruck »sanft«/»soft« blendet nicht die Robustheit und die Brutalität dieser Form des Autoritarismus aus, sondern weist darauf hin, dass es keines gewaltsamen Putsches bedarf, um eine autoritäre Regierungsform zu etablieren (vgl. Adam/Steinhauer/Randeria 2022: 18). Der Regierungsstil bezieht sich auf die Idee des Nationalstaates des 19. Jahrhunderts (vgl. Randeria 2022). Charakteristisch für soft-autoritäre Regierungen wie in Polen, Ungarn oder der Türkei ist der Ethno-Nationalismus, also die Vorstellung vom Staat als einem Gebilde, das von einer Sprache, einer Religion und einer Kultur geprägt ist (vgl. ebd.). Minderheiten wie LGBTIQ+-Personen, muslimische Zuwander*innen oder diejenigen, die sich für Frauen*rechte einsetzen, werden zu Feind*innen stilisiert (vgl. ebd.).
Der »sanfte« Autoritarismus in Polen wird als »autokratischer Legalismus« (Randeria 2021b) bezeichnet. Charakteristisch für diese Form des »sanften« Autoritarismus in Polen im Kontext der Migrationspolitik an der polnisch-belarusischen Grenze ist unter anderem die Legitimierung von Menschenrechtsverletzungen an der Grenze, die Beschneidung von bürgerlichen Freiheiten, die Übertragung der Macht an die Grenzschutzbeamt*innen, die Normalisierung eines Quasi-Ausnahmezustands, die Kriminalisierung und Strafverfolgung von Personen, die Hilfe und Unterstützung für die Geflüchteten leisten, sowie das Schüren von Hass vor und Angst gegenüber Geflüchteten (Adam et al. 2024: 134ff.).
Sanfter Autoritarismus ebnet den Weg zur demokratischen Legitimierung der Grenzregimepolitik. Das europäische Grenzregime ist als eine multi‐skalare Assemblage zu verstehen, bestehend aus Agenturen der EU, Institutionen des europäischen Rechts und Standardisierung‐ und Harmonisierungsprozessen innerhalb der EU (vgl. Hess/Schmidt-Sembdner 2021: 204). Das Grenzregime bewirkt »eine Transformation des rechtlichen Status von Migrant*innen und damit eine Aberkennung des grundlegenden staatsbürger*innenschaftlich eingeschriebenen Rechts, Rechte zu haben, welches durch die Zuteilung von vorgegebenen Migrationskategorien geschieht« (Hess et al. 2017: 34). Soft-autoritäre Transformation und Grenzregime lassen sich im Kontext der Migrationspolitik Polens anhand zweier Prozesse – der Militarisierung des Grenzregimes und der Ausdehnung der Handlungsspielräume staatlicher Autoritäten durch eine Reihe juristischer Veränderungen – beobachten (vgl. Adam/Steinhauer/Randeria 2022: 28f.). Soft-autoritäre Regime nutzen Narrative, um die öffentliche Debatte z.B. mit Angst vor und Hass gegenüber Geflüchteten zu besetzen (vgl. Adam et al. 2024: 134ff.). Mit der Verflechtung der beiden Ansätze im Zusammenhang mit der FluchtMigrationspolitik in Polen befassen sich Jens Adam und Sabine Hess (2023). Die Grenze sei ein Ort und ein Katalysator der Rassifizierung, ein Instrument der fortschreitenden autoritären Transformation der europäischen Gesellschaften (vgl. ebd.: 68).
Die Regierungsform des sanften Autoritarismus ermöglicht es, an der polnisch-belarusischen Grenze eine demokratisch legitimierte Grenzregimepolitik zu etablieren. Daraus lassen sich folgende Fragen ableiten: Wie wird die Außerkraftsetzung des Zugangs zu Rechten für Migrant*innen durch die polnische Regierung begründet bzw. legitimiert? Welche neuen Vulnerabilitäten auf Seiten der Migrant*innen entstehen durch diese Grenzregimepolitik? Welche Praktiken der Hilfe erfordern die neu entstandenen Vulnerabilitäten? Mit welchen Sanktionen reagiert die polnische Regierung auf diese Hilfsmaßnahmen? Wie verhalten sich andere Schlüsselakteur*innen wie z.B. die katholische Kirche zu dieser demokratisch-legitimierten Grenzregimepolitik?
Die narrative Diskursanalyse als methodologischer Rahmen
Die Rolle der katholischen Kirche in der öffentlichen Debatte um das Thema der FluchtMigration an der polnisch-belarusischen Grenze im Kontext der soft-autoritäten Transformation habe ich anhand der narrativen Diskursanalyse (vgl. Viehöver 2010, 2011) untersucht. Die Mitglieder der katholischen Kirche sind Träger*innen und Interpret*innen des Diskurses (vgl. Viehöver 2010: 234). Bei Diskursen handelt es sich um die Institutionalisierung von Bedeutungsarrangements, die durch verschiedene diskursive Praktiken produziert werden. Diskurse sind dauerhafte Strukturierungen von kollektiven Prozessen der Auseinandersetzung um Bedeutungen (vgl. Kasten 2019: 30). Diskurs lässt sich durch vier Grundzüge kennzeichnen: Zeit, Reflexivität (Bindung des Diskurses an ein*e Adressat*in), Weltbezug sowie Austausch von Mitteilungen (vgl. Ricœur 1972: 253f.; Viehöver 2010: 239). Ins Leben gerufen werden Diskurse durch Akteur*innen, die eine Geschichte entwickeln, in der Rollen zwischen Gut und Böse verteilt sind und Handlungsprobleme benannt werden (vgl. Keller 2011: 147). Öffentliche Narrationen sind an die Praxis der Akteur*innen gebunden (vgl. Viehöver 2011: 199). Die Arena der Öffentlichkeit lässt sich als ein sozialer Raum verstehen, in dem die Narrative kommuniziert werden (vgl. Viehöver 2011: 200). Narrationen verleihen Diskursen einerseits Bedeutung und Kohärenz, andererseits Chancen zur Veränderung von Wissensordnungen (vgl. Viehöver 2010: 234). Narrationen legitimieren Praktiken oder Denkweisen (Lyotard 1990: 49f.). Das Verständnis ihrer Wirksamkeit »setzt eine Analyse von diskursiven Machtpositionen im gesellschaftlichen (Positionen, Ämter, Autoritäten, Medien usw.) wie auch im diskursiven Raum (hegemoniale Rechtfertigungsnarrative, Gegennarrative usw.) voraus« (Forst 2011: 23).
»Narrationen konstituieren nicht nur Entwürfe der Welt, sondern auch Modelle für die Welt. D.h. Narrationen und durch sie erzeugte Weltbezüge haben auch einen praktischen Sinn, sie können von sozialen Akteuren verwendet werden, etwa mit dem Ziel, Denk- und Handlungsschemata der Bevölkerung zu verändern, die Politik zu einer aktiven Haltung zu motivieren oder sie davon abzuhalten. Genau genommen sind sie ein Medium und zugleich auch Ergebnis narrativer Praxis.« (Viehöver 2010: 259; Herv. i.O.).
Bei dieser Eigenschaft von Narrationen handelt es sich um eine epistemologische Kategorie, »durch die Menschen mit Handlungsorientierung und Motiven, Weltsichten und Praxisentwürfen versehen werden« (Viehöver 2010: 237). Das Verfahren der Narrationsanalyse lässt sich in fünf methodische Schritte, an denen ich mich bei der Auswertung des Datenmaterials orientiert habe, gliedern: erstens Definition der Forschungsfrage; zweitens Bestimmung des Datensamples und der Analyseeinheit; drittens Bestimmung der unterschiedlichen Indikatoren zur Konstituierung einer Narration mit ihren Elementen sowie Erstellung eines Codebuchs zur Rekonstruktion der zentralen rhetorischen Figuren, Rahmungen, Argumente und weiterer Strukturelemente der typischen Narrationen; viertens Beschreibung und Klassifizierung der typischen Narrationen und ihrer Wertesysteme; fünftens Interpretation der Effekte des Diskurses und des Verlaufs des Konflikts (vgl. Viehöver 2010: 241f.).
Narrationen können unterschiedliche Funktionen einnehmen, die von der sozialen Integration, der Distinktion sozialer Konflikte, ihrer Mobilisierung bis zur Transformation von Wissensordnungen reichen (vgl. ebd.: 237). Der institutionelle Erfolg einer Narration hängt von den folgenden Faktoren ab: Kommunikation des Problems, die Anschlussfähigkeit des konsistenten und kohärenten Plots und entsprechender rhetorischer Figuren an das kulturelle Repertoire der anvisierten Rezipient*innen und die Passung zwischen themenspezifischen Narrationen und Nationalmythen, in denen allgemein vorherrschende meta-kulturelle Codes reproduziert werden (vgl. ebd.: 259f.).
Mit der narrativen Diskursanalyse habe ich vier Erzählungen über die Situation an der polnisch-belarusischen Grenze rekonstruieren können, auf die die katholische Kirche rekurriert. Zunächst habe ich die Frage gestellt: Wer ist die katholische Kirche? Um ein möglichst breites Spektrum von Positionen abbilden zu können, habe ich verschiedene Akteur*innen der katholischen Kirche in die Analyse einbezogen. Bei der Zusammensetzung der untersuchten Akteur*innen habe ich die Reichweite, die Bedeutung innerhalb der Institution der katholischen Kirche und das bisherige mediale In-Erscheinung-Treten im Zusammenhang mit der Situation an der polnisch-belarusischen Grenze berücksichtigt. Zu den Akteur*innen gehören: Prymas Polski (der Primas von Polen), die Konferencja Episkopatu Polski (die Polnische Bischofskonferenz (KEP)), die katholische Wohlfahrtsorganisation Caritas Polska, der Klub Inteligencji Katolickiej (Klub der Katholischen Intelligenz), die Wochenzeitung Gość sowie der Radiosender Radio Maryja (Radio Maria). Der Bereich, der sich innerhalb der Medienlandschaft am schnellsten entwickelt, sind Internetportale (vgl. Gospodarek 2021: 155). Aus diesem Grund habe ich mich auf die Internetportale der jeweiligen Akteur*innen konzentriert.
Der Primas von Polen ist ein Ehrentitel und Mitglied verschiedener Institutionen innerhalb der katholischen Kirche (vgl. Prymas Polski 2013). Er nimmt einen Platz unter den wichtigen Institutionen innerhalb der katholischen Kirche ein. Die Polnische Bischofskonferenz ist eine Institution, die durch den Heiligen Stuhl gegründet worden ist (vgl. Konferencja Episkopatu Polski 2009). Sie ist eine der wichtigsten Institutionen der katholischen Kirche in Polen. Der Wohlfahrtsverband Caritas Polska ist ein Verband der katholischen Kirche, der durch die Polnische Bischofskonferenz gegründet worden ist (vgl. Caritas Polska 2018: 1). Der Klub der Katholischen Intelligenz ist ein im Jahr 1956 gegründeter Verein von Christ*innen, vor allem von katholischen Lai*innen, der sich als unabhängig sowohl von der polnischen Regierung als auch von der kirchlichen Hierarchie versteht (vgl. Klub Inteligencji Katolickiej Warszawa 2023). Der Verein ist im Zusammenhang mit der Situation an der polnisch-belarusischen Grenze medial polenweit in Erscheinung getreten, nachdem der polnische Grenzschutz im Dezember 2021 (RND 2021) eine Razzia im Stützpunkt des Vereins an der Grenze zu Belarus durchgeführt hat. Die Wochenzeitung Gość erreicht die höchste Auflage in Polen und ihr Internetportal, das ich in meiner Auswertung berücksichtige, erfreut sich ebenfalls sehr großer Aufmerksamkeit (vgl. Gospodarek 2021: 157). Bei dem Radiosender Radio Maryja handelt es sich um einen der populärsten polenweiten katholischen Radiosender. Er wurde im Jahr 1991 von dem Redemptoristen-Pater Tadeusz Rydzek gegründet (vgl. Gospodarek 2021: 155) und vertritt nationalkonservative Positionen. Auf den Portalen der jeweiligen Akteur*innen habe ich meine Analyse mit dem Begriff polsko-białoruska (polnisch-belarusisch) durchgeführt, um alle Artikel mit Bezug zur Grenzsituation aufzufinden. Analysiert wurden Publikationen aus der Zeit von Juni 2021 bis Mai 2023, um den Zeitraum vom Beginn der humanitären Krise bis zur Wahlkampfzeit abzudecken.
Bei der Auswertung des Datenmaterials standen folgende Fragen im Fokus: Was macht ein Narrativ aus? Was wird im Rahmen eines Narrativs problematisiert? Welche Praktiken der Hilfe tauchen auf? Inwiefern werden sie gewürdigt? Wer wird als Held*in und wer als Bedrohung dargestellt? Welche Funktionen übernimmt ein Narrativ im Kontext des Migrationsgrenzregimes an der polnisch-belarusischen Grenze? Vor dem Hintergrund der theoretischen Verschränkung stellen sich weitere Fragen für die Analyse: Welche Rolle nimmt die katholische Kirche als politische Akteurin im Kontext der Bildung der polnischen Nationalidentität ein? Argumentiert die katholische Kirche vor dem Hintergrund der religiösen Vielfalt oder greift sie auf andere Religionen als eine Differenzlinie zurück, um einen Beitrag zur Selbst-Rassifizierung der polnischen Nation zu leisten? Inwiefern bedient sie sich der Narrative des soft-autoritären Regimes, um Angst vor und Hass gegenüber Geflüchteten zu schüren? Inwiefern widersetzt sie sich diesen Narrativen?
Die Narrative der katholischen Kirche im Kontext des Migrationsregimes an der polnisch-belarusischen Grenze
Im Zuge der Analyse der Online-Plattformen der ausgewählten Akteur*innen der katholischen Kirche konnte ich vier Narrative rekonstruieren: das Bedrohungsnarrativ, das Barmherzigkeitsnarrativ, das neo-koloniale Narrativ und das anti-hegemoniale Narrativ.
Das Bedrohungsnarrativ
Das erste Narrativ habe ich in Anlehnung an Jens Adam und seine Kolleg*innen (vgl. 2024) Bedrohungsnarrativ genannt. Sie haben dieses Narrativ herausgearbeitet, indem sie den gesellschaftspolitischen Diskurs analysiert haben. Dabei konnten sie aufzeigen, wie die öffentliche Debatte durch die Entwicklung des Bedrohungsnarrativs »soft-autoritäre« Herrschaft ermöglicht (vgl. Adam et al. 2024). Unter den katholischen Akteur*innen lässt sich ein Bedrohungsnarrativ rekonstruieren, und zwar auf der Online-Plattform des Radiosenders Radio Maryja. Die News, die ich für meine Analyse ausgewertet habe, sind kurze Zusammenfassungen der Nachrichten des polnischen Grenzschutzes oder der polnischen Regierung aus der Zeit vor den Parlamentswahlen im Oktober 2023 in Polen.
Migration wird hier als ein Instrument des Regimes von Lukaschenko betrachtet, das die Absicht der »Destabilisierung Polens und der Abwahl der Regierung von Mateusz Morawiecki« (Radio Maryja 2021b, alle Übersetzungen aus polnischen Quellen wurden von mir selbst erstellt, A.K.) verfolgt. In der Logik dieses Narrativs führt Lukaschenko »einen hybriden Krieg mit Polen und der Europäischen Union« (ebd.). Die Stilisierung Polens als eine Kriegspartei legitimiert die Militarisierung der polnisch-belarusischen Grenze. Um die Seriosität der Informationen zu untermauern, wird der Warschauer Universitätsprofessor Tomasz Grosse als Experte interviewt (vgl. ebd.). Dieser spricht von einem »gigantischen Problem« (ebd.), sollte Polen die Grenzen für Migrant*innen öffnen. Migrantisch-Sein wird als ein Problem kreiert und als bedrohlich stilisiert. Mit der Beschreibung des Problems als gigantisch wird suggeriert, dass das Problem kaum oder gar nicht bewältigbar wird. Die Grenzüberschreitung durch Personen, die sich auf dem Weg befinden und die Nationalstaatsgrenze zwischen Polen und Belarus überqueren wollen, wird außerdem als »ein illegales Eindringen« (Radio Maryja 2022b) dargestellt. Die Berichterstattung auf der Online-Plattform des Radiosenders basiert in großer Zahl aus kurzen Meldungen über das illegale Überqueren der Nationalstaatsgrenze (vgl. Radio Maryja 2022a). Dadurch entsteht im Diskurs eine narrative Gleichsetzung von Migration, Illegalität, Problem und Krieg. Diese diskursiven Narrationen materialisieren sich in Pushbacks, in der Aussetzung des Rechts auf Asyl und in der Militarisierung der Situation an der polnisch-belarusischen Grenze.
Die Soldat*innen werden als Retter*innen, Beschützer*innen und Helfer*innen in der Not dargestellt. Es wird z.B. von einer Situation berichtet, in der Grenzsoldat*innen Personen aus dem Irak, die in den Sümpfen stecken geblieben waren, das Leben gerettet haben (vgl. Radio Maryja 2021d). Demzufolge werden Soldat*innen und Grenzschutzbeamt*innen als diejenigen präsentiert, die einen besonderen Dank verdienen. Um diesen Dank auszudrücken, wurde eine Kampagne »Ich odwaga napawa nas dumą« (»Ihr Mut macht uns stolz.«) ins Leben gerufen, im Rahmen derer Bürger*innen einen Unterstützungsbrief für Grenzschutzbeamt*innen unterzeichnen oder ihnen eigene ermutigende und herzliche Worte als Dankeschön für die Verteidigung der Grenzen schicken konnten (vgl. Radio Maryja 2021a). Eine andere Kampagne war »Murem za polskim mundurem« (»Wie eine Mauer hinter der polnischen Uniform«) (s. Abb. 1). Auf der ersten Abbildung ist eine Kirche zu sehen. Auf dem Zaun befindet sich ein Transparent mit dem Slogan »Wie eine Mauer hinter der polnischen Uniform«.
Die zweite Abbildung (s. Abb. 2) zeigt eine kirchliche Bekanntmachung mit Informationen über einen Gottesdienst für polnische Grenzschutzbeamt*innen im Schaukasten einer katholischen Kirche.4
Die Charakterisierung der Situation an der polnisch-belarusischen Grenze als »humanitäre Krise« wird hingegen als Narrativ Lukaschenkos und die Verbreitung dieses Narrativs somit als Unterstützung seines Regimes gesehen. Der Mauerbau wird als eine Sicherheitsmaßnahme für Polen geschildert.
Die zivilen Helfenden werden als Schmuggler*innen oder Kurier*innen dargestellt. Es werden Begriffe wie »Flüchtlingsstrom«, »Angriff der belarusischen Wehrdienste gemeinsam mit Ausländern auf die polnische Grenze«, »Eindringlinge«, »Migranten ohne Einreisedokumente – ein gigantisches Problem« verwendet. Menschen, die migrieren, die fliehen, die sich auf den Weg machen, werden als Problem präsentiert, ohne sich bewusst zu machen, dass die Idee, dass ein Mensch ein Problem darstellt, dehumanisierend ist. Dass Menschen, auf dem Weg sind oder sich im Wald verstecken müssen, stellt in der Logik des Narrativs hingegen kein Problem dar. Ein weiteres Bild über Geflüchtete, das kreiert wird, markiert sie als »Terrorist*innen, Kriminelle und Perverse«. Die Grundlage solcher Bilder ist rassistisch und kolonial und lässt sich auf eine dehumanisierende und Ängste schürende Migrationspolitik zurückführen. Eine weitere Gruppe, die als bedrohlich dargestellt wird, ist die liberale Linke. Die Anhänger*innen der liberalen Linken werden als eigennützlich Handelnde, als Unterstützer*innen illegaler Migration und als Beteiligte an Straftaten dargestellt (vgl. Radio Maryja 2021c).
Das Barmherzigkeitsnarrativ
Das Bedrohungsnarrativ ist nicht das einzige Narrativ, das sich aus den Online-Plattformen der ausgewählten katholischen Akteur*innen rekonstruieren lässt. Das zweite herausgearbeitete Narrativ nenne ich das Barmherzigkeitsnarrativ. Dieses Narrativ wird auf den Online-Plattformen dreier Akteur*innen präsentiert. Es findet sich auf Online-Plattformen des Primas von Polen, auf denen der Polnischen Bischofskonferenz und auf denen der Caritas Polen – eine Wohlfahrtsorganisation der katholischen Kirche. Die drei Akteur*innen repräsentieren die Institution der katholischen Kirche in Polen. Barmherzigkeit rückt in den Fokus der Logik dieses Narrativs und Gleichgültigkeit wird als ihr Gegenteil und als unchristliche Haltung gesehen (vgl. Konferencja Episkopatu Polski 2021a). Barmherzigkeit wird als zentrales Motiv für christlich verstandene Hilfe diskutiert. Sie hat ihren Ursprung im Matthäusevangelium (Mt 25,34–46 EU) und den dort dokumentierten Handlungen. Zu den dort angeführten Werken der Barmherzigkeit zählen unter anderem die Darreichung von Essen und Trinken für Hungernde und Dürstende, das Aufsuchen von Kranken und Gefangenen und die Aufnahme von Fremden. Die Haltung der Barmherzigkeit und die damit verbundenen Handlungen stellen in der katholischen Kirche einen mit den Prinzipien des Evangeliums übereinstimmenden Standpunkt dar (vgl. Konferencja Episkopatu Polski 2021b). Das Gebet ist für dieses Narrativ charakteristisch. Der Schutz von Geflüchteten und die Wahrung der Menschenwürde werden nicht als Gegensätze zum Schutz des Staates gesehen (vgl. ebd. 2023). Ein Gebet soll in dieser Logik demzufolge sowohl die Geflüchteten (vgl. Prymas Polski 2021a) als auch die Arbeit des Grenzschutzes und des polnischen Militärs unterstützen (vgl. Konferencja Episkopatu Polski 2021c). Der Grenzschutz wird als Institution gesehen, die den Geflüchteten hilft (vgl. Caritas Polska 2021a). Grenzüberschreitungen wie z.B. Pushbacks werden nicht benannt. Die Kriminalisierung der Hilfe und die Militarisierung des gesamten Grenzgebiets werden nicht erwähnt, und Belarus wird als Verantwortlicher für die Lage an der polnisch-belarusischen Grenze dargestellt (vgl. Konferencja Episkopatu Polski 2021c).
Es wird Kritik an den Medien und ihren flüchtlings- oder einwanderungsfeindlichen Narrativen artikuliert (vgl. Konferencja Episkopatu Polski 2021a). Die Medien sind diejenigen, die aufgefordert werden, keine Ressentiments gegenüber Migrant*innen zu schüren, auch wenn konkrete Medien nicht benannt werden. Aus der Analyse der polnischen Medienlandschaft ist jedoch bekannt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk und das staatliche Fernsehen die wesentlichen Multiplikator*innen des Bedrohungsnarrativs sind (vgl. Adam/Steinhauer/Randeria 2022: 30f.). Dass die adressierten, Ressentiments schürenden Medien also durchaus auch aus den eigenen Reihen kommen und dass die polnische Regierung unter Führung der Partei Prawo i Sprawiedliwość (Recht und Gerechtigkeit, kurz PiS) einen erheblichen Anteil am Schüren von Angst, Verachtung und Feindseligkeit gegenüber Migrant*innen hat, wird weder diskutiert noch problematisiert.
Migrant*innen werden als »Brüder und Schwestern« (ebd.), als »Freund*innen« (Konferencja Episkopatu Polski 2022), als »Menschen, die sich auf den Weg gemacht haben« (Caritas Polska 2021a) oder »Opfer von rücksichtslosem politischem Handeln und der Gier der Menschenhandelsmafia« (Konferencja Episkopatu Polski 2021c) gesehen. Was das Narrativ ebenfalls kennzeichnet, ist, dass ein Unterschied zwischen legaler und illegaler Migration gemacht wird (vgl. ebd. 2021b). Illegal sind diejenigen, die ihren materiellen Lebensstandard verbessern wollen (vgl. ebd. 2021a). Dass die scheinbar ›illegal‹ Geflüchteten Opfer von ausbeuterischen, kapitalistischen und neo-kolonialen Verhältnissen sein könnten, wird ausgeblendet. Im Barmherzigkeitsnarrativ wird auf beide Bezeichnungen der Krise zurückgegriffen, d.h. es wird sowohl von der Migrationskrise (vgl. ebd. 2021d) als auch von humanitärer Krise (vgl. Prymas Polski 2021a) gesprochen.
Im Barmherzigkeitsnarrativ wird die eigene Hilfsbereitschaft betont und hervorgehoben, dass die Kirche in Polen – in diesem Falle der Wohlfahrtsverband Caritas Polska, die Diözesan-Caritas und der Einwanderungsbeauftragte der Polnischen Bischofskonferenz – Migrant*innen nach bestem Wissen und Gewissen hilft (vgl. Konferencja Episkopatu Polski 2021d). Dabei werden verschiedene Praktiken des Helfens für Migrant*innen erwähnt. Als eine Praktik des Helfens werden »Help Packs« (ebd. 2021b) genannt. Bei den Help Packs handelt es sich um Pakete, die u. a. Trinkflaschen, Wärmedecken, Handwärmer, Energieriegel und Wasser enthalten (vgl. Caritas Polska 2021b). Jede*r kann die Pakete abholen und sich an der Verteilung unter Migrant*innen beteiligen (vgl. Konferencja Episkopatu Polski 2021b). Als eine weitere Praktik des Helfens wird die Eröffnung eines »Jesuiten-Flüchtlingsdienstes« in vier Städten (Warszawa, Poznań, Gdynia, Nowy Sącz) genannt, der neben der Caritas Geflüchteten und Migrant*innen insbesondere in rechtlichen Angelegenheiten, sozialpsychologischer Beratung, medizinischer, humanitärer, pädagogischer und sozialer Integrationshilfe eine Unterstützung anbietet (vgl. ebd. 2023). Weiterhin lässt sich Beten für den Frieden als eine Praktik innerhalb des Narrativs verstehen (vgl. ebd. 2021c). Landesweite Spendenaktionen für Migrant*innen werden auch als eine Praktik der Hilfe geschildert (vgl. ebd. 2021d). Die humanitären Transporte, die die Caritas Polen an der polnisch-belarusischen Grenze organisiert, werden als eine weitere Praktik des Helfens dargestellt (vgl. ebd. 2021b). Darüber hinaus werden »Namioty Nadziei« (»Zelte der Hoffnung«) (ebd. 2022) als weitere Praktik des Helfens erwähnt. In den Grenzgemeinden wurden hier Zelte aufgestellt, die als Treffpunkte für Freiwillige und als Orte für die Verteilung der notwendigsten Dinge (z.B. warme Kleidung, Thermoskannen, Taschenlampen, Schlafsäcke, Erste-Hilfe-Kästen) gedient haben (Caritas Polska 2021b). Diese Zelte galten als Magazine, von denen aus Hilfspakete für Geflüchtete, die sich in den Aufnahmezentren befanden, bereitgestellt werden konnten (vgl. ebd.). Die Weiterbildungen und Fortbildungen für die Freiwilligen, die mit Migrant*innen zusammenarbeiten, wurden als Praktik der Hilfe angeführt (vgl. Konferencja Episkopatu Polski 2022). Es wird darauf hingewiesen, dass der Primas von Polen einen Brief an den Minister für Inneres und Verwaltung Mariusz Kamiński verfasst hat, der dazu beitragen sollte, Ärzt*innen zu ermöglichen, in die Grenzgebiete zu fahren und dort ärztliche Hilfe zu leisten (vgl. Kiersnowski 2022).
Keine Erwähnung wiederum findet, dass diejenigen, die auf die Hilfe angewiesen sind, sich in den Wäldern verstecken und die bereitgestellten Hilfsangebote gar nicht in Anspruch nehmen können. Die Aufzählung dieser Praktiken lässt sich auch als Verdeckungstaktik lesen, mit deren Hilfe verschleiert werden soll, dass für die Personen, die sich in den Wäldern verstecken, keine konkrete Hilfe geleistet und dass der repressiven Migrationspolitik der polnischen Regierung nicht entgegengetreten wird.
Im Barmherzigkeitsnarrativ werden zwar einige kritische und/oder wichtige Themen angesprochen wie z.B. flüchtlings- und einwanderungsfeindliche Narrative und es wird auch die Notwendigkeit der Hilfe für Geflüchtete betont, aber gleichzeitig werden viele Themen ausgelassen. Die Pushbacks gegenüber den Geflüchteten an der polnisch-belarusischen Grenze finden genauso wenig eine Erwähnung wie die Kriminalisierung humanitärer Hilfe in den Wäldern durch die polnische Regierung. Dass auch bedeutende Vertreter*innen der Kirche, wie z.B. das Radio Maryja, sich an der Verbreitung feindseliger Narrative gegenüber Geflüchteten beteiligen, wird verschwiegen. Dieses Nicht-Ansprechen lässt sich als eine Technik der Stabilisierung der repressiven Migrationspolitik verstehen, die durch eine Gleichzeitigkeit der Adressierung in Gang gesetzt wird. Es handelt sich dabei um eine Gleichzeitigkeit des Zur-Sprache-Bringens von Hassrede und der Nicht-Benennung wichtiger Sprecher*innen, die diese Hassrede vertreten.
»Die Schließung der Grenzen vor denjenigen, die einen Schutz suchen« (Konferencja Episkopatu Polski 2021a), wird nicht als Lösung gesehen. Die Lösung für die Krise wird als Aufgabe aller politischen Kräfte betrachtet, Respekt gegenüber den Neugekommenen ist mit gleichzeitiger Berücksichtigung des Gemeinwohls Polens in Einklang zu bringen. Ein Aspekt der Lösung wird in der Zusammenarbeit mit dem Grenzschutz gesehen (vgl. Caritas Polska 2023). Die Notwendigkeit der Legalisierung der Hilfe und der Solidarität in den Grenzgebieten wird als eine weitere Lösung vorgeschlagen (vgl. Konferencja Episkopatu Polski 2021a). Die Einrichtung eines humanitären Korridors wird der polnischen Regierung als eine Lösung zum Management der Verteilung der Geflüchteten unterbreitet (vgl. ebd.). Am 25. August 2021 wandten sich die Bischöfe an die Regierungsverantwortlichen, um gemeinsam nach Mechanismen der Hilfe für Geflüchtete zu suchen, bei denen sich auch die Kirche engagieren würde (vgl. Prymas Polski 2021b). In diesem Zusammenhang werden Offenheit und Solidarität gegenüber Migrant*innen genannt und als eine christliche Praktik und eine moralische Verpflichtung dargestellt (vgl. Konferencja Episkopatu Polski 2021a).
Anders als im Bedrohungsnarrativ, in dem der Umgang mit der Situation an der polnisch-belarusischen Grenze vor allem mit dem Schutz der nationalen Grenze begründet wird, wird im Barmherzigkeitsnarrativ dieser Umgang mit christlichen Werten begründet. Beim Bedrohungsnarrativ wird die Lösung vor allem in der Schließung der Grenzen gesehen. Im Barmherzigkeitsnarrativ wird die Lösung hingegen in der Hilfe für Geflüchtete gesehen, ohne allerdings die repressive Migrationspolitik der polnischen Regierung zu kritisieren.
Das neo-koloniale Narrativ
Das dritte Narrativ bezeichne ich als neo-koloniales Narrativ. Dieses Narrativ wird auf der Online-Plattform eines Akteurs vertreten: der katholischen Wochenzeitung gosc.pl. Was dieses Narrativ charakterisiert, ist, dass es auf die Inhalte und die Art der Schilderung sowohl des Bedrohungsnarrativs als auch des Barmherzigkeitsnarrativs Bezug nimmt. Die Verbindung der beiden Narrative schafft ein drittes Narrativ: das neo-koloniale Narrativ. Der Mechanismus des Narrativs besteht aus drei Elementen. Das erste Element ist die Gleichzeitigkeit. Die humanitäre Krise wird zwar in einem bestimmten Ausmaß kritisiert, gleichzeitig wird die eigene Macht bei der aktiven Gestaltung der Krise ausgelassen. Das Neue am neo-kolonialen Narrativ ist, dass in diesem Fall die katholische Kirche in Polen als Protagonistin an der Kontinuität der kolonialen Herrschaftsverhältnisse mitwirkt. Als Protagonistin ist sie insofern neu, weil Polen keine Kolonialmacht war und die polnische Landeskirche keine eigene koloniale Vergangenheit hat, sondern Staat und Kirche sogar selbst über ein Jahrhundert unter andauernder Besatzung existieren mussten.
Das neo-koloniale Narrativ funktioniert auf der Basis eines weiteren Elements: der Idee der Bedrohung durch eine*n imaginierte*n Fremde*n und der Idee der Hilfe, bei der es eher darum geht, dass sich der*die Helfende als Retter*in stilisiert und dabei die Bedürftigkeit der*s Hilfeempfänger*in*s rassifiziert wird. Die katholische Kirche stilisiert sich als Helferin, als barmherzige Samaritanerin, die den Bedürftigen in Not hilft. Die katholische Kirche kreiert die eigene Humanität in einem nationalistisch-rassifizierten Sinne. Die Menschen auf der Flucht, die im Wald an der Grenze Polens zu Belarus angehalten werden, werden zu Hilfsbedürftigen gemacht. In meiner Kritik des Diskurses der Hilfebedürftigkeit geht es nicht darum, die Verwundbarkeit dieser Menschen und ihre existenzielle Not klein zu reden oder sie gar zu verschweigen. Vielmehr geht es darum, das Scheinwerferlicht auf die Hilfepolitik der katholischen Kirche in Polen als einer politischen Akteurin zu richten, um deren Beitrag an der Fabrikation der Verletzlichkeit der Menschen auf der Flucht zu beleuchten. Das Neue an diesem Element ist, dass durch den Kontext, die humanitäre Krise an der polnisch-belarusischen Grenze, eine neue Form der Bedürftigkeit konstruiert wird.
Das dritte Element des neo-kolonialen Narrativs ist die Dehumanisierung der Menschen auf der Flucht, die im Wald angehalten werden. Die dringende Notwendigkeit humanitärer Hilfe für Geflüchtete an der polnisch-belarusischen Grenze wird durch die Position ersetzt, dass »die polnischen Grenzen heilig sind« (Morawiecki 2022: o.S.). Dadurch wird das Leid der Geflüchteten entmenschlicht, insofern die nationalstaatlichen Grenzen als schützenswerter erscheinen als das menschliche Leben. Mit dem neo-kolonialen Narrativ wird im Kontext der Situation an der polnisch-belarusischen Grenze eine neue Gewaltform und eine Entmenschlichungspolitik geschaffen. Das Neue dabei ist, dass nicht mehr ganze Staaten und deren Bürger*innen der gewaltvollen Kontrolle und der militärischen Intervention unterliegen, sondern Menschen, die fliehen und im Wald an Polens Grenze zu Belarus angehalten werden.
Das anti-hegemoniale Narrativ
Das vierte und letzte Narrativ, das ich anhand von Online-Plattformen der katholischen Kirche rekonstruieren konnte, nenne ich anti-hegemoniales Narrativ. Es steht im Gegensatz zu dem Bedrohungsnarrativ, das ich als das hegemoniale Narrativ im Kontext der Situation an der polnisch-belarusischen Grenze sehe. Dieses anti-hegemoniale Narrativ wird auf der Online-Plattform nur einer Akteurin vertreten: dem Klub der Katholischen Intelligenz. Der Klub der Katholischen Intelligenz hat für das Engagement für Geflüchtete und Migrant*innen an der polnisch-belarusischen Grenze zwei Preise erhalten. Zum Einen den Józef-Tischner-Preis (vgl. Nagroda Tischner 2022). In der Begründung anlässlich der Preisverleihung wird »der Mut, Dinge zu sagen und zu tun, die den offiziellen Narrativen und dem Druck der Behörden widersprechen« genannt (Buczek 2022a). Der zweite Preis, mit dem der Klub ausgezeichnet wurde, ist der Bürger*innenschaftspreises des Menschenrechtsbeauftragten u.a. für den Schutz der Grundwerte (vgl. Buczek 2023a). Der Preis ging an Maria und Wojciech Radwański, die den seit dem Oktober 2021 eröffneten Stützpunkt des Klubs der Katholischen Intelligenz koordinieren (vgl. ebd.).
Die zentralen Motive des anti-hegemonialen Narrativs sind »Hilfe ist legal« und »Das Evangelium in Aktion«. Was für dieses Narrativ charakteristisch ist, nenne ich Strategien der Re-Humanisierung. Eine dieser Strategien besteht darin, den sich in den Wäldern versteckenden Personen einen Namen zu geben:
»Ich verspreche J., dass ich etwas darüber schreiben werde, obwohl ich keine Ahnung habe, was. […] Ich weiß nicht, was ich über sie sagen soll. Ich würde nur gerne ihre Namen aufschreiben, denn die haben sie ja wie jeder Mensch, aber das kann ich auch nicht, ich will sie nicht gefährden.« (Buczek 2023b)
Die Helferin verspricht J., einer Person, die sich im Wald versteckt, weil sie auf eine dehumanisierende Migrationspolitik an der polnisch-belarusischen Grenze gestoßen ist, etwas über die Situation der sich im Wald versteckenden Personen zu schreiben. Ein Wunsch der Helferin ist, »nur« die Namen, der Menschen aufzuschreiben, die sich wie J. im Wald verstecken müssen, aber sie befürchtet, dass die Erwähnung der Namen die Personen gefährden könnte. Dieses Nicht-Erwähnen-Können eines Namens weist auf den repressiven Kontext hin, in dem die Helferin agiert. Die Helferin versucht dieser Dehumanisierung – in diesem Falle also der Unmöglichkeit, die Namen zu nennen – entgegenzutreten, indem sie dies zur Sprache bringt und dadurch die dehumanisierende Praktik der Repressionspolitik ins Licht rückt.
Was dieses Narrativ kennzeichnet, ist die Kritik an der restriktiven Migrationspolitik der polnischen Regierung (und der Europäischen Union) wie auch an der Haltung der Institution der Kirche, deren Handeln als inkonsistent kritisiert wird. Dabei werden die Kriminalisierung der Hilfe und die Repressionen gegenüber den Helfenden missbilligt (vgl. Klub Inteligencji Katolickiej 2022). So wurde im Dezember 2021, zwei Monate nach der Eröffnung des Stützpunktes, eine Razzia im Stützpunkt durchgeführt, die als eine Manifestation der Macht und als weitere Welle der Repressionen gesehen wurde (vgl. Rumieńczyk 2023). Am 25. März 2022 wurde eine 21-jährige Aktivistin des Klubs der Katholischen Intelligenz, Weronika Klemba, unter dem Vorwurf der Organisierung illegaler Grenzübertritte angehalten und verhaftet (vgl. ebd. 2022a). Es wird auf die Veränderungen in der Repressionspolitik gegenüber Aktivist*innen hingewiesen, gegen die verschärft vorgegangen wird: »Bei der Ankunft am Stützpunkt erfährt man nun, dass humanitäre Hilfe nicht mehr mit einer Geldstrafe von 500 Zloty, sondern mit bis zu acht Jahren Gefängnis und einer Anklage wegen Beihilfe zum Grenzübertritt geahndet wird.« (ebd.) Diese Praktik wird als Einschüchterung seitens der polnischen Regierung gegenüber den Aktivist*innen und als ein Akt gegen die humanitäre Hilfe entlarvt (vgl. ebd.). Ein Jahr später wurde die Aktivistin Weronika Klemba freigesprochen, aber sie war vielen viktimisierenden Praktiken wie z.B. der Überweisung zur psychiatrischen Untersuchung ausgesetzt (vgl. Buczek 2022b). Dieses Urteil wird als Beweis für die Kriminalisierung humanitärer Hilfe gesehen (Rumieńczyk 2022b). Die Pushbacks werden als eine illegale Praxis kritisiert und es wird problematisiert (vgl. ebd.), wie schwierig es ist, erfolgreich einen Antrag auf Asyl und internationalen Schutz zu stellen (vgl. Buczek 2021). Dabei wird der Kritik unterzogen, dass es zwei Kategorien von Geflüchteten gibt, die »aus dem Gebiet der Ukraine und aus dem Gebiet von Belarus, dabei werden die einen mit Herzlichkeit und Empathie und die anderen mit Feindseligkeit« (Klub Inteligencji Katolickiej 2022) betrachtet. Auch die Differenzierung zwischen den Helfenden wird kritisiert. Die Organisationen und Freiwilligen, die an der Grenze zur Ukraine helfen, können mit staatlicher Unterstützung rechnen, den Helfenden an der polnisch-belarusischen Grenze hingegen wird mit Skepsis und Repression begegnet.
Im Kontext dieses Narrativs wird versucht, eine Sicht auf die Mauer nicht als Grenzmauer, sondern auch als »Grenzzaun« (Rumieńczyk 2023) zu etablieren. Diese Perspektive schafft eine Gegenerzählung zum Bedrohungsnarrativ, in dem die Grenze zwischen Polen und Belarus als »bestgeschützter Abschnitt der Außengrenze der EU zu Belarus« (Radio Maryja 2022b) dargestellt wird. Die Sicht auf die Grenzmauer als Grenzzaun veranschaulicht, dass die Menschen, die sich auf den Weg in die Europäische Union begeben, weiterhin nach Wegen suchen werden, aus der Mauer einen Zaun zu machen.
Zu den Praktiken des Helfens im Rahmen dieses Narrativs gehört auch das Motiv, dass »die Krise an der Grenze kein Ende hat, weiterhin andauert […] und die Menschen weiterhin im Wald sind« (Buczek 2023b). Damit wird versucht, die Situation an der polnisch-belarusischen Grenze sichtbarer zu machen. Eine weitere Praktik ist die Benennung von Verletzungen der Personen, die sich im Wald verstecken. Dabei wird geschildert, wie im Fall von Verletzungen vorgegangen wird:
»Verbinden der Wunden nach Bissen durch Hunde des Grenzschutzpersonals, Bandagieren der verdrehten Knie und Knöchel, nachdem [die Migrant*innen] von einer fünf Meter hohen Grenzmauer gestürzt sind, versorgen der Rippenprellungen, die infolge der Schläge mit einem Teleskopschlagstock durch die belarusischen Soldaten entstanden sind, um die Menschen zum Überqueren zur polnischen Seite zu bewegen.« (Ebd.)
»Einer der Jungen musste medizinisch versorgt werden, da er sich zuvor vom Sumpfwasser erbrochen hatte. Er saß am Rand und krümmte sich vor Schmerzen. Wir gaben ihm Medikamente und halfen ihm langsam beim Ausziehen seiner nassen Kleidung. Er konnte es nicht alleine schaffen. Unter seinen nassen Socken hatte er Grabenfüße. Wir wuschen sie ihm, während er versuchte, einen warmen Tee zu trinken.« (Ebd.)
Eine der Praktiken der Hilfe für Geflüchtete von Seiten des Klubs der Katholischen Intelligenz besteht in direkter Hilfe vor Ort – »eine humanitäre Intervention im Wald« (Kiersnowski 2022) – im Rahmen der Eröffnung des Stützpunktes an der polnisch-belarusischen Grenze. Die Helfenden haben mit ca. 500 Bedürftigen Kontakt gehabt (vgl. Klub Inteligencji Katolickiej 2022). Es wird angegeben, dass 75 Prozent der Helfenden weiblich sind (vgl. Kiersnowski 2022).
Eine weitere Praktik, die Erwähnung findet, ist die Suche nach Zusammenarbeit mit der Institution der katholischen Kirche, d.h. mit dem Primas von Polen und mit der Polnischen Bischofskonferenz. Der Klub der Katholischen Intelligenz strebte im November 2021 an, einen Hirtenbrief über die menschenunwürdige Situation an der polnisch-belarusischen Grenze zu verfassen. Die katholische Kirche als Institution sollte gleichzeitig öffentlichkeitswirksam gegen diese unwürdigen Bedingungen Stellung beziehen (vgl. ebd.). Dieser Brief sollte in jeder Pfarrgemeinde ausliegen. Zum Versand dieses intendierten Pastoralbriefes ist es allerdings nie gekommen. Als Begründung seitens der Polnischen Bischofskonferenz für die Nicht-Versendung des Hirtenbriefes diente ein Vorfall, der sich wenige Tage vor dem geplanten Versand des Briefes in Kuźnica5 ereignet hatte und der die Akzeptanz für Geflüchtete nach der Meinung der Polnischen Bischofskonferenz vermindert habe (vgl. ebd.). Aus der Position des Klubs der Katholischen Intelligenz verschleierte diese Begründung eine eher politisch motivierte Entscheidung, insofern sich die katholische Kirche nicht gegen das Vorgehen der Regierung stellen wollte (vgl. ebd.). Eine weitere Praktik im Sinne des »Evangeliums in Aktion«, die der Institution der katholischen Kirche vorgeschlagen wurde, war die Eröffnung eines Stützpunktes für ein Priesterseminar. Es sollte auf Basis der gleichen Prinzipien wie der Stützpunkt des Klubs der Katholischen Intelligenz funktionieren, damit die Seminarist*innen »alles mit eigenen Augen gesehen (hätten). Ich glaube, sie wären danach andere Priester geworden. Sie hätten Zeugnis abgelegt von dem, was sie gesehen haben, was sie in der Praxis erlebt haben und was man nicht vergessen kann.« (Ebd.) Auch zur Umsetzung dieser Idee ist es nicht gekommen. Als Begründung wurde angegeben, dass sich die Priesterseminarist*innen bereits in den Sozialhilfestätten engagieren, und dieses Engagement viel Zeit in Anspruch nimmt (vgl. ebd.). Was hier ebenfalls als eine Praktik erwähnt wird, ist die Sorge nicht nur für die Personen, die sich im Wald verstecken, sondern auch die Sorge für die Helfenden untereinander (vgl. ebd.).
Als Lösung für die unwürdigen Bedingungen an der polnisch-belarusischen Grenze werden die Zusammenarbeit und der Dialog mit den vor Ort an der Grenze tätigen Hilfsorganisationen dargestellt (vgl. Klub Inteligencji Katolickiej 2022). Der Schutz der polnischen Grenze wird nicht als Widerspruch zur Achtung der Menschenwürde gesehen (vgl. ebd.). Eine Erwartung an den Staat besteht dabei im Schutz der Organisationen, die humanitäre Hilfe an der Grenze leisten (vgl. Klub Inteligencji Katolickiej 2021).
Fazit
In meinem Beitrag konnte ich die Beteiligung der katholischen Kirche und katholischer Vereinigungen am öffentlichen Diskurs über die Situation an der polnisch-belarusischen Grenze darstellen. Vier Narrative prägen den Diskurs der katholischen Kirche: das Bedrohungsnarrativ, das Barmherzigkeitsnarrativ, das neo-koloniale Narrativ und das anti-hegemoniale Narrativ. Das anti-hegemoniale Narrativ des Klubs der Katholischen Intelligenz ist innerhalb der katholischen Kirche nicht mehrheitsfähig und die Gruppierung wird insofern nicht als Akteurin der Institution der katholischen Kirche angenommen. Ihre Stimme wäre jedoch eine gute Möglichkeit gewesen, die Repressionspolitik im Kontext des Grenzregimes zu beenden. Die Narrative, die sowohl der Migrationspolitik eine Bedeutung verleihen als auch die Matrix der Migrationspolitik verändern können, lassen sich als »Machttechnologien« (Foucault 1999: 287) verstehen, die bestimmte Funktionen erfüllen und zur »soft-autoritären« Transformation der Migrationspolitik in Polen beitragen. Das Bedrohungsnarrativ übernimmt die Funktion der Entwicklung und Etablierung der »soft-autoritären« Transformation. Dieses Narrativ sorgt dafür, dass durch das Schüren von Angst ein Klima der Bedrohung entsteht, das Feindbilder produziert und reproduziert und dass sich die Politik der Stärke (die Politik der Kriminalisierung und Militarisierung eines Bereichs, wie z.B. der Hilfe für Geflüchtete oder des zivilgesellschaftlichen Engagements der Bevölkerung vor Ort an der polnisch-belarusischen Grenze) durchsetzt. Das Barmherzigkeitsnarrativ übernimmt die Funktion der Stabilisierung der »soft-autoritären« Transformation. Dieses Narrativ wird vor allem von den Akteur*innen der Institution der katholischen Kirche vertreten. Dabei werden zwar Praktiken der Hilfe ins Leben gerufen, die Notwendigkeit der Hilfe für Menschen, die sich in den Wäldern verstecken, betont, die Medien für ihre flüchtlings- und einwanderungsfeindlichen Positionen kritisiert. Verschwiegen werden jedoch die staatlichen Repressionen gegenüber Geflüchteten und Helfenden, die eine weitreichende Bedeutung im Kontext der Situation an der polnisch-belarusischen Grenze haben. Des Weiteren werden die eigenen Möglichkeiten nicht genutzt, um z.B. ein Narrativ der bedingungslosen (christlichen) Solidarität in Gang zu setzen und die Gewalt an der Grenze zu beenden. Das neo-koloniale Narrativ übernimmt die Funktion der Legitimierung und Normalisierung der »soft-autoritären« Transformation, indem die militärischen Interventionen an der polnisch-belarusischen Grenze, die Kriminalisierung und die Gewalt und die Repressionen gegenüber der Geflüchteten und der Helfenden aus der Zivilgesellschaft nicht skandalisiert werden, und die eigene Beteiligung als katholische Kirche in Polen als politische Akteurin verschwiegen oder als humanitäre Handlung stilisiert wird. Alle drei Narrative tragen zur Errichtung der autoritären Herrschaft in Polen bei. Allein das anti-hegemoniale Narrativ übernimmt die Funktion des Widerstands gegen die »soft-autoritäre« Transformation. Dieses Narrativ kann sich jedoch innerhalb der Gruppe der unterschiedlichen Akteur*innen der katholischen Kirche aufgrund mangelnder Mehrheitsfähigkeit nicht durchsetzen.
Diskurse werden erst durch Akteur*innen lebendig (vgl. Keller 2011: 147). Der katholischen Kirche in Polen gelingt es, mit drei Narrativen eine gemeinsame Erzählung zu generieren. Die erfolgreiche Durchsetzung von drei Narrativen (Bedrohungs-, Barmherzigkeitsnarrativs, neo-koloniales Narrativ), die zur Entwicklung, Stabilisierung und Legitimierung der »soft-autoritären« Transformation beitragen, besteht darin, dass sie an die meta-kulturellen Codes zum einen des bedrohten Polens und zum anderen des bedrohten Europas anknüpfen. Auch, wenn diese beiden Codes über unterschiedliche Entstehungsgeschichten verfügen, kreieren sie ein vermeintlich kohärentes und auf neue Art und Weise wirkendes hegemoniales Identitätsangebot, das Migrant*innen aus dem Globalen Süden »als Störfaktoren sowohl der nationalen als auch der kontinentalen Ordnung« (Adam/Steinhauer/Randeria 2022: 34) konstruiert. Wie Adam und Hess argumentieren, »Re-composing the body politic as a moral community can be read as a process of self-racialization of the Polish nation as a ›pure‹, white and Christian collective, well-fortified to fight off each ›perilous difference‹« (Adam/Hess 2023: 87). Es erfolgt eine identitätsstiftende Offensive, die darauf abzielt, »verschiedene soziale Gruppen zu einer affektiv verbundenen Majorität zusammenzubringen« (Adam/Steinhauer/Randeria 2022: 30). Zwei Dimensionen dieser identitätspolitischen Offensive verweisen auf ihre Einbindung in den längerfristigen Prozess der »soft-autoritären« Transformation: die fraglose Nutzung öffentlicher Institutionen zur kritiklosen Verbreitung von Leitmotiven der Regierungspolitik und Schaffung einer sich als Majorität erlebenden Gemeinschaft (vgl. ebd.: 31). Zu diesem Erfolg verhilft das Barmherzigkeitsnarrativ, mit Hilfe dessen die katholische Kirche in Polen ein eigenes humanitäres Selbstbild herstellt, das sie, auch wenn sie Ausgrenzung praktiziert und segregiert, aufrechterhalten kann.
Das anti-hegemoniale Narrativ knüpft an diese Codes nicht an, sondern erzählt von der Bedrohung der Menschen, die im Wald an der Grenze Polens zu Belarus mit Gewalt und Repressionen festgehalten werden. Es setzt damit eine andere Erzählung in Gang, kann sich aber nicht gegen seine Konkurrenten durchsetzen. Der Erfolg der anderen Narrative speist sich zudem daraus, dass das anti-hegemoniale Narrativ an den Rand gedrängt und marginalisiert wird. Der Misserfolg des anti-hegemonialen Narrativs und der Erfolg der anderen drei Narrative hängen auch mit der Art und Weise der Kommunikation des Problems zusammen. Die Inhalte des anti-hegemonialen Narrativs tauchen im öffentlichen Diskurs erst im Zusammenhang mit einer Razzia und der Verhaftung einer Aktivistin und dem Prozess gegen sie in der breiten Öffentlichkeit in Polen auf. Das zivilgesellschaftliche Engagement an der polnisch-belarusischen Grenze wird kaum öffentlich gewürdigt. Stattdessen wird es in einen strafrechtlichen Kontext gestellt. Die Inhalte des Bedrohungsnarrativs und des neo-kolonialen Narrativs sind gesellschaftlich anschlussfähig und erreichen die Rezipient*innen durch eigene Medien in Form von katholischen Fernseh- und Radiosendern, Print-Zeitungen und Online-Newsportale. Auf die breitere Kommunikation der Inhalte des Barmherzigkeitsnarrativs wird verzichtet, indem u.a. der geplante Pastoralbrief an die polnischen Pfarrgemeinden nicht versendet wurde. Die katholische Kirche in Polen fungiert als politische Akteurin als Komplizin der »soft-autoritären« Transformation, indem sie einerseits an das Bedrohungsnarrativ anschließt und es multipliziert, andererseits aber auch eigene Narrative ins Leben ruft. Die inhumane Migrations- und Grenzregimepolitik an der polnisch-belarusisichen Grenze dauert an. Eine Frage, die sich für die katholische Kirche als politische Akteurin stellt, ist, inwiefern sie einen aktiven Beitrag zur Beendigung der Nekropolitik an der polnisch-belarusischen Grenze leisten will.
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Eine differenzierte Darstellung der statistischen Daten zu den Grenzübertritten ist im Bericht von Grupa Granica (2021) vorhanden.↩︎
Der vom Migrationsregime stammende Begriff des »hybriden Angriffs« suggeriert, dass Lukaschenko und das belarusische Regime die Migrant*innen an die Grenze zur Europäischen Union locken und/oder sie dazu zwingen, sich dorthin zu bewegen. Dieser »hybride Angriff« ziele darauf ab, Polen und andere Staaten für die Unterstützung der belarusischen Demokratiebewegung und für die Sanktionen der EU zu bestrafen sowie Polen zu destabilisieren (vgl. Adam/Steinhauer/Randeria 2022: 27f.).↩︎
Die Themen des Aktivismus und der Rolle der Protestkultur in Polen tauchen als Motive in den Interviews, die ich im Rahmen meines Forschungsprojekts über die Migration Policy Practice in der Gemeinde Michałowo an der polnisch-belarusischen Grenze derzeit durchführe, auf. Interessant wäre es daher, empirisch zu erforschen, welche aktivistischen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte in den Aufbau des Netzwerks der Aktivist*innen an der Grenze eingeflossen sind.↩︎
Die beiden Fotos entstanden im Januar 2022 in einer Kleinstadt nahe der polnisch-belarusischen Grenze.↩︎
Am 8. November 2021 drängen die belarusischen Grenzsicherheitsdienste die bisher größte Gruppe von Migrant*innen in die Nähe des Grenzübergangs Kuźnica, wo der erste Versuch eines gewaltsamen Grenzübertritts von Migrant*innen, die von den belarusischen Grenzsicherheitsdiensten dazu gezwungen werden, stattfindet (vgl. Grupa Granica 2021: 8). Rund 12.000 Soldat*innen, 8.000 Grenzschutzbeamt*innen und 1.000 Polizist*innen sowie eine Anti-Terror-Einheit sind in der Nähe von Kuźnica stationiert (vgl. ebd.). Gegen diejenigen, die seitens der Migrant*innen Gewalt gegen polnische Sicherheitskräfte anwenden, wird Tränengas eingesetzt (vgl. ebd.).↩︎
