Abstract The epochal migration movements along the »Balkan Route« in 2015 upended the European border regime and paralyzed the Dublin System — one of the core principles of migration governance in Europe. The following reintroduction of national border controls in the Schengen Area was not limited to the Balkan Route, as this article exemplifies, focusing on the renationalization of migration politics alongside the »Brenner Route«. Brenner Pass, frequently described as the »needle-eye of the Alps«, is one of the most significant traffic routes in Europe. As such, it has always had a significant role as a point of intersection for transit migration between Italy, Austria, and Germany. The article describes and analyzes the political developments and processes of bordering as well as the movement of migration alongside the Brenner route in recent years. Referring to the tenacity of migrants to be mobile and cross borders and in light of the »trilateral police cooperation« among Italy, Germany, and Austria, as well as Austria’s new ›border management‹ plans, the paper questions the contours and characteristics of the reconfiguration of the Schengen Area since 2015.
Keywords Dublin, Schengen Area, Brenner, renationalization, police cooperation
Südtirol, Oktober 2017: Gemeinsam mit einer Aktivistin von Antenne Migranti stehe ich am Stumpfgleis des Bahnhofs Brenner, wir warten auf den letzten Regionalzug aus Österreich. Es ist schon später Abend, es sind kaum Reisende am Bahnhof anzutreffen. Hinter uns sind einige italienische PolizistInnen und SoldatInnen versammelt. Der Bahnhof liegt auf italienischem Gebiet, doch die Grenze zu Österreich ist nur wenige Meter entfernt. Aus der Ferne sehen wir eine Person mit Warnweste, sie leuchtet mit einer Taschenlampe die dort stehenden Güterzüge ab. Plötzlich gehen einige SoldatInnen und PolizistInnen das Stumpfgleis entlang Richtung Norden und verschwinden in der Dunkelheit. Nur wenige Minuten später kommen sie zurück: Sie halten zwei junge Männer fest, deren Klamotten voller Ruß sind. Die beiden Männer werden erst von der Polizei zum Wartesaal gebracht und kurz darauf in Begleitung zweier Beamter in einen Regionalzug Richtung Süden gesetzt. Gerne würden wir mit ihnen sprechen. Nach den Erfahrungen der Aktivistin könnte die Polizei sie bis zur Endhaltestelle nach Bozen fahren lassen, manchmal müssen MigrantInnen aber auch bereits in einer der kleineren Ortschaften südlich vom Brenner den Zug verlassen. Wir entscheiden uns, so schnell wie möglich mit dem Auto nach Bozen zu fahren — das wäre auch der einzige Ort, an dem ihnen zumindest etwas Unterstützung angeboten werden kann. Am Bahnhof Bozen warten wir auf den Zug vom Brenner. Die beiden Männer sind immer noch im Zug, die Beamten waren bereits ausgestiegen. Vom Schaffner werden sie angewiesen, den Zug zu verlassen. Wir stellen uns kurz vor und fragen, was mit ihnen passiert sei. Sie waren auf einem Güterzug zum Brenner gefahren und wollten von dort weiter in Richtung Norden reisen, doch die Polizei hätte sie entdeckt und sie mussten zurückfahren. In Bozen waren sie bislang noch nie — sie waren davor in zwei unterschiedlichen Camps und haben sich erst auf ihrem Weg Richtung Norden kennengelernt. Einer von ihnen hat nur noch ein T-Shirt an, seine schmutzige Jacke hat er in seinen Rucksack gesteckt. Wir begleiten sie zu einer Anlaufstelle für Obdachlose, sie bekommen neue Jacken und eine Tüte mit Essen ausgehändigt. Anschließend zeigt ihnen die Aktivistin einen Ort, an dem sie im Freien schlafen können.
In der Alpenregion zwischen Italien, Österreich und Deutschland im Jahr 2017 stellen die Erlebnisse der beiden jungen Männer keinen außergewöhnlichen Vorfall dar, keinen Moment, der besonders erwähnenswert wäre. Er ist gewöhnlich, zumindest ist er das geworden. Dass Asylsuchende sich dazu entschließen, Italien zu verlassen und in andere europäische Länder zu gehen, ist weder ein überraschendes noch ein neues Phänomen. Dass sie dabei aber auf solch riskante Transportmittel wie Güterzüge zurückgreifen, um im Herzen des Schengenraums nationalstaatliche Grenzen zu überwinden, ist die Folge eines massiven Wandels, den das europäische Grenzregime während und im Anschluss an den ›Sommer der Migration‹ 2015 (Kasparek und Speer 2015) vollzogen hat. Dessen Auswirkungen sind nicht auf die europäischen Außengrenzen oder auf die sogenannte Balkanroute beschränkt. Spätestens mit der Wiedereinführung nationaler Grenzkontrollen im Schengenraum im Herbst 2015 hat sich auch die Transitmigration zwischen Italien, Österreich und Deutschland zunehmend verkompliziert und trifft auf immer neue Modi der Regulation und Kontrolle.
Über den Brenner, oft als ›Nadelöhr der Alpen‹ bezeichnet, verläuft einer der wichtigsten Verkehrswege Europas. Auf Straßen wie auf Schienen ist die Verbindung zwischen Italien und Österreich von enormer wirtschaftlicher Bedeutung und sie ist in den vergangenen Jahrzehnten zum europäischen Symbol für den freien Fluss von Waren und Personen im Schengenraum geworden. Dies gilt auch für den internationalen Zug Eurocity, der täglich mehrmals zwischen Verona und München verkehrt und mit Zwischenhalt im italienischen Grenzort Brenner die Städte Bozen in Italien, Innsbruck und Kufstein in Österreich sowie Rosenheim und München in Deutschland miteinander verbindet. Neben Ventimiglia und Como ist der Brenner auch einer der wichtigsten Transitpunkte für Asylsuchende in Europa, um Italien zu verlassen.
Auch im Wissen um die wirtschaftliche und symbolische Bedeutung des Brennerpasses für Europa hat die Europäische Kommission in den vergangenen Jahren in ihren Empfehlungen, welche nationalen Grenzen bis zum Erreichen des ›Normalzustandes‹ Schengens kontrolliert werden sollten, die Grenze zwischen Italien und Österreich stets ausgespart (Europäische Kommission 2016a). Trotzdem wurde sie sukzessive zu einem Schauplatz der Renationalisierung des Schengenraums im Anschluss an den Sommer der Migration 2015. Diese Entwicklung der Renationalisierung möchte ich im vorliegenden Artikel näher betrachten und danach fragen, wie sich der Schengenraum am Beispiel der Brenner-Route im Wechselspiel zwischen der Bewegung der Migration und den Versuchen der Regulierung und Repression der Transitmigration rekonfiguriert. Grundlage dazu ist meine empirische Feldforschung entlang der Brenner-Route: Seit 2015 beobachte und analysiere ich die verschiedenen Grenzziehungspraktiken und Handlungslogiken entlang der Zugstrecke und spreche mit MigrantInnen, AktivistInnen, SozialarbeiterInnen und mit MitarbeiterInnen der verschiedenen Polizeien. Die Bewegung der Migration und ihre transformative Kraft, wie es die ›Autonomie der Migration‹ zum Ausdruck bringt (Hess 2016: 62), prägt dabei meinen Blick auf das Feld und kennzeichnet die Strategien von MigrantInnen zur (umkämpften) Herstellung von Mobilität entlang der Route als einen wesentlichen Aspekt des von mir untersuchten Prozesses.
Beginnend mit einer Einordnung des Zustandes des europäischen Grenzregimes und einem Blick auf die regionalen Dynamiken entlang der Brennerroute vor dem Sommer der Migration 2015, widme ich mich im Verlauf des ersten Teils den anschließenden Renationalisierungsprozessen mit einem besonderen Fokus auf die Migrationsgeschehnisse und Grenzziehungsstrategien der verschiedenen Nationalstaaten in der untersuchten Alpenregion. Im zweiten Teil werde ich mich der zu Beginn aufgeworfenen Fragestellung widmen und die Konturen, Ambivalenzen und lokalen Spezifika der Rekonfiguration des Schengenraums herausarbeiten.
Auf den Spuren des Brennerkonflikts
Um die Entwicklungen entlang der Brennerroute in den vergangenen Jahren zu verstehen, ist ein Blick zurück auf die Zeit vor dem Sommer der Migration 2015 und dem massiven Umbruch des europäischen Grenzregimes unumgänglich. Dies betrifft sowohl den europäischen Gesamtkontext bezüglich Migrations- und Grenzpolitik, als auch die bereits zuvor relevanten lokalen Dynamiken in der untersuchten Grenzregion.
Dublin Troubles und die Schaffung der trilateralen Polizeikooperation
Mit der Transitmigration über den Brenner entziehen sich MigrantInnen einer entscheidenden Logik des europäischen Grenzregimes: der Verhinderung der sogenannten ›Sekundärmigration‹. Mit dem Dublin-System, dem Kernstück des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, sollte der Wegfall der nationalen Grenzkontrollen im Zuge der Schaffung des Schengenraums im Jahre 1985 kompensiert und damit die Sekundärmigration und das Stellen von mehrfachen Asylanträgen in Europa verhindert werden (Buckel 2013: 65). Mit einer Vielzahl hierarchischer Kriterien soll die Dublin-III-Verordnung die Zuständigkeit für Asylverfahren in Europa regeln. In der Praxis hat sich dabei der Ort der ersten Einreise als zentrales Kriterium herausgestellt. Es soll Asylsuchende dazu zwingen, ihren Asylantrag in dem Land zu stellen, welches sie zuerst betreten haben (Meyerhöfer et al. 2014: 152). Der Logik eines ›Verursacherprinzips‹ folgend, sind es also in erster Linie die Mitgliedsstaaten an den europäischen Außengrenzen, welche für die überwältigende Mehrheit der Asylanträge zuständig sein sollen, da sie die Einreise der Asylsuchenden nicht verhindern konnten. Um allerdings das Kriterium der Ersteinreise wirkmächtig werden zu lassen, benötigte die EU ein Instrument zur Feststellung der Migrationswege. Erst mit der Schaffung der ersten EU-weiten Fingerabdruckdatenbank namens Eurodac im Jahr 2003 wurde der Grundstein für Abschiebungen auf Grundlage der Dublin-Verordnung gelegt, da fortan die Registrierung von MigrantInnen in anderen nationalen Asylsystemen über das Abgleichen der Fingerabdrücke nachgewiesen werden konnte (Kasparek 2015: 64). Die Kontrolle über die Sekundärmigration fand also nicht an den nationalen Grenzen, sondern in den nationalen Asylbehörden statt.
Die durch das Dublin-System hervorgerufene fehlende Balance in der europäischen Verteilungspolitik (ebd.: 62ff.) wird von Italien und anderen Ländern mit EU-Außengrenze regelmäßig kritisiert. Mit der sogenannten Quattro-Gruppe wandten sich Regierungsvertreter aus Italien, Griechenland, Malta und Zypern bereits im Jahre 2009 an die übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mit der dringlichen Aufforderung, das Dublin-System aufgrund des anhaltenden hohen Drucks auf die eigenen nationalen Asylbehörden umgehend zu reformieren (Council of the European Union 2009: 6f.) — hatten damit jedoch keinen Erfolg. Eine umfassende Verhinderung der sogenannten Sekundärmigration liess sich aber auch schon in den Jahren vor dem Sommer der Migration 2015 nicht konstatieren, viele MigrantInnen blieben nicht im Land ihrer Ersteinreise — und setzten sich auf unterschiedlichen Ebenen und mit verschiedenen Formen gegen spätere Dublin-Abschiebungen zur Wehr.
Hier müssen zunächst die zahlreichen erfolgreichen juristischen Kämpfe genannt werden. Als Meilensteine können dabei zwei Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) aufgeführt werden. Mit dem Prozess M.S.S. gegen Belgien und Griechenland im Jahr 2011 wurden Abschiebungen nach Griechenland für lange Zeit unterbunden (Meyerhöfer et al. 2014: 152), der EGMR-Prozess Tharakhel gegen die Schweiz im Jahr 2013 verkomplizierte zudem Abschiebungen von Familien mit Kindern nach Italien (EGMR 2014). Aber auch die ›alltäglichen‹ Kämpfe jenseits von Gerichten müssen an dieser Stelle angeführt werden: darunter das Unkenntlichmachen von Fingerabdrücken, Widerstände bei Abschiebeversuchen oder auch die Nutzung von Kirchenasyl zur Überbrückung der vorgegebenen Fristen zur Überstellung von Asylsuchenden auf Grundlage der Dublin-Verordnung (Lorenz 2015: 15f.).
Die Beharrlichkeit von MigrantInnen, sich trotz des Dublin-Systems nicht im Land ihrer Ersteinreise ›festkleben‹ zu lassen und die Strategie Italiens mit ihrer speziellen Position im Dublin-System als Staat an der europäischen Außengrenze umzugehen, machten in der Vergangenheit eine ›kuriose Allianz‹ zwischen MigrantInnen und dem italienischem Staat am Brenner sichtbar: Während MigrantInnen den Brennerpass zur von der EU und auch den nördlichen Mitgliedsstaaten so ungewollten Sekundärmigration nutzten, vernachlässigten die italienischen Behörden das Abnehmen von Fingerabdrücken und die Polizei am Brenner sah sich nicht dazu veranlasst, die Kontrollen der Eurocities allzu gründlich zu vollziehen. Die daraus resultierende Frequentierung der Brennerroute und die geringe Effizienz des Dublin-Systems, welche letztlich auch auf die fehlenden Möglichkeiten und mangelnde Bereitschaft Italiens zur Identifizierung von Asylsuchenden zurückzuführen ist, veranlassten Deutschland und Österreich bereits im Jahr 2014 zu einer Disziplinierungsmaßnahme Italiens. Auf Druck der beiden Länder stimmte Italien nach ministeriellen Absprachen der Etablierung einer trilateralen Polizeikooperation zum Zwecke der Identifikation von MigrantInnen in den internationalen Zügen zu. Seither operiert entlang der Zugstrecke zwischen Verona und dem Brenner eine Polizeistreife, bestehend aus zwei italienischen BeamtInnen und jeweils einer Person der österreichischen Polizei und der deutschen Bundespolizei. Die österreichische und deutsche Polizei seien dabei lediglich ›beratend‹ tätig, da sie keine territoriale Souveränität zur Ausübung von Passkontrollen haben. Die Beschränkung der österreichischen und deutschen Polizei auf einen ›Beobachterstatus‹ will sowohl eine parlamentarische Anfrage der Partei DIE LINKE an den deutschen Bundestag bestätigen (Deutscher Bundestag 2014: 4) als auch die Vizepräsidentin der italienischen Bahnpolizei POLFER aus Verona, mit der ich ein Interview führen konnte. Dass es sich bei der Aussage der italienischen Polizistin meiner Einschätzung nach auch um diplomatisches Wohlwollen handeln könnte, zeigt, dass meine eigenen Beobachtungen und Berichte von AktivistInnen eine andere Sprache sprechen — auch deutsche und österreichische BeamtInnen kontrollieren Ausweise in den Zügen, zumindest kontrollieren sie Dokumente nach einer ›Erstansicht‹ durch ihre italienischen KollegInnen. Auch die Ausführungen zur trilateralen Polizeikooperation von Seiten eines Landessekretärs von SIULP, der größten italienischen Polizeigewerkschaft, lassen Zweifel an der aus dem Begriff ›beobachtende Tätigkeit‹ implizit hervorgehenden Passivität deutscher und österreichischer BeamtInnen aufkommen. Er berichtete mir, dass SIULP schon seit Beginn der trilateralen Polizeikooperation dieses Kontrollkonstrukt kritisiert und spricht von einem enormen Druck, den die Anwesenheit der Polizei aus Österreich und Deutschland auslöst. Dass die trilaterale Polizeikooperation sowohl auf kollegialer als auch auf politischer Ebene konfliktbeladen ist, werde ich später noch einmal aufgreifen.
Festzuhalten bleibt, dass es zum Zeitpunkt der Schaffung der trilateralen Polizeikooperation im Jahr 2014 noch keine europaweit verteilten nationalen Grenzkontrollen gab und das Ziel der trilateralen Kooperation schließlich nur die Identifizierung und damit das Abnehmen der Fingerabdrücke für die Eurodac-Datenbank gewesen sein kann — und nicht etwa die (dauerhafte) Festsetzung von MigrantInnen. Ich verstehe ihre Anfangszeit daher auch in erster Linie als Versuch der Stabilisierung des Dublin-Systems und (noch) weniger als Versuch, dem viel zitierten ›Kontrollverlust‹ der Europäischen Union mit Lösungen auf ›nationaler Ebene‹ zu begegnen. Nichtsdestotrotz beginnt mit der trilateralen Polizeikooperation auch eine Politik der Immobilisierung entlang der Brennerroute, dementsprechend war schon zu diesem Zeitpunkt eine schrittweise Verlagerung der genützten Transportmittel von MigrantInnen von den internationalen Zügen zu den bis zum Brenner verkehrenden Regionalzügen festzustellen. Zudem sollte die Kooperation auch im Prozess der Renationalisierung eine zentrale, wenngleich auch immer ambivalente Rolle einnehmen.
Des Weiteren gewinnen rückwirkend betrachtet auch die Ereignisse rund um den G7-Gipfel in Bayern und das Bilderbergtreffen in Tirol im Frühjahr 2015 an Bedeutung: Die im Zuge solcher ›sicherheitsrelevanter‹ Veranstaltungen durchaus übliche Aussetzung Schengens entpuppte sich als großes ›Planspiel‹ deutscher und österreichischer Polizeibehörden, wie die nationalen Grenzen umfangreich kontrolliert werden können. Im Zuge der Kontrollen wurden weit weniger Menschen im Zusammenhang mit den Gipfelprotesten festgesetzt als Asylsuchende bei Grenzüberschreitungen gestoppt (Blaßnig 2016: 34f.).
Die Wiedereinführung der nationalen Grenzkontrollen
Um den Entwicklungsverlauf an der Brennerroute weiter zu verfolgen, ist ein Blick auf die epochalen Migrationsbewegungen entlang der Balkanroute im Sommer 2015 unumgänglich. Als Ende August 2015 tausende MigrantInnen vom ungarischen Bahnhof Keleti über Österreich nach Deutschland einreisten, kam dies einer Bankrotterklärung der EU-europäischen Regulierungs- und Steuerungsversuche von Migration im Schengenraum gleich.
Unmittelbar vor dem Aufbruch der MigrantInnen gelangte ein internes Dokument des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) an die Öffentlichkeit, in der eine Leitlinie zur Aussetzung von Dublin-Verfahren bei syrischen Staatsangehörigen formuliert wurde. Im Gegensatz zu einer möglichen Anordnung hatte es als Leitlinie keine rechtliche Grundlage (Pro Asyl 2015) und als internes Dokument auch noch keine (offizielle) Zustimmung des zuständigen Innenministeriums. Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel sollte später von einem ›Missverständnis‹ sprechen. Die Nachricht über die angebliche Aussetzung der Dublin-Verfahren verbreitete sich jedoch rasend schnell und die in Ungarn festsitzenden MigrantInnen forderten nun umso vehementer, nach Deutschland weiterreisen zu dürfen. Nur wenige Tage nach dem Auftauchen des Dokuments erreichten die ersten MigrantInnen den Hauptbahnhof in München. Der Spiegel hatte bereits einen Artikel mit dem Titel »Wie ein Gerücht Tausende auf die Züge lockte« (Spiegel Online 2015a) veröffentlicht. Die Protestierenden am Bahnhof Keleti hatten aus diesem ›Gerücht‹ innerhalb kürzester Zeit eine Tatsache geschaffen. Denn erst am 21. Oktober schaffte das deutsche Innenministerium die Wende und verkündete, ab diesem Zeitpunkt das Dublin-Verfahren auch für syrische Staatsangehörige wieder anzuwenden (Tagesschau 2015) — doch das faktische Scheitern des Dublin-Systems wurde damit zunächst besiegelt (Kasparek und Schmidt-Sembdner 2017). Jenes Scheitern lässt sich aus meiner Sicht nicht alleine auf den Sommer der Migration 2015 reduzieren, hätte es doch beispielsweise für die deutsche Regierung die Möglichkeit gegeben, ihr Handeln von Beginn an offensiv als der Situation angemessene Regelanwendung der Dublin-III-Verordnung (wie die Inanspruchnahme des Selbsteintrittsrechts der Mitgliedsstaaten für Asylverfahren) zu vertreten. Und auch die von mir bereits skizzierten vorangegangenen Kämpfe gegen das System, in denen MigrantInnen in einem Zusammenspiel mit verschiedenen Akteuren wie Gerichten, AktivistInnen und einzelnen Staaten Dublin seiner Effizienz beraubten, begleiteten das System quasi schon seit seinem Bestehen. Es war daher mehr die Kombination aus einem ohnehin schon auf Fragilität und Ineffizienz basierenden System mit den epochalen Migrationsbewegungen nach und durch Europa im Jahre 2015, die das Scheitern des Dublin-Systems zum Ausdruck brachten: es war schlicht nicht mehr präsentabel genug, um den massiven Verlusten an Glaubwürdigkeit und Autorität der Europäischen Union in der Frage der Kontrolle und Verhinderung von Migrationsbewegungen etwas entgegenzusetzen.
Angesichts der hohen Ankunftszahlen von MigrantInnen über die Balkanroute und befeuert durch das allgegenwärtige Misstrauen gegenüber der Handlungsfähigkeit der EU, entschloss sich die deutsche Bundesregierung Mitte September 2015 zur Wiedereinführung nationaler Grenzkontrollen. Sie löste damit eine Art Dominoeffekt aus, an dessen Ende sich die Regierungen Sloweniens, Serbiens, Bulgariens und Mazedoniens zur Schließung ihrer nationalen Grenzen entschlossen und so versuchten, die Balkanroute für MigrantInnen abzuriegeln (Moving Europe 2017: 254f.).
Mit dem Beginn der Grenzkontrollen im deutsch-österreichischen Grenzgebiet wurde der Bahnhof in Rosenheim zu einem wichtigen Knotenpunkt und Sinnbild nationaler Migrationskontrolle im Schengenraum. Die Bundespolizei Rosenheim, deren Standort in der kleinen oberbayerischen Stadt in den Jahren zuvor unter Legitimationsdruck stand, sollte sich fortan über regionalen Zuspruch für ihre unermüdliche Arbeit freuen dürfen. Auch wenn es in den ersten Monaten noch überwiegend um MigrantInnen auf der Balkanroute ging, griff die Maßnahme in Rosenheim mit der Aufnahme von Kontrollen in den Eurocities auch in die Transitmigration entlang der Brennerroute ein. Die Züge wurden am Bahnhof Rosenheim für rund 20 Minuten angehalten, um sie gründlich zu durchsuchen — beim Kauf einer Fahrkarte von Italien nach München wurde auf diese ›institutionalisierte Verzögerung‹ sogar auf der Rückseite der Tickets hingewiesen. Während täglich hunderte MigrantInnen am Rosenheimer Bahnhof festgesetzt wurden, demonstrierten ein aufgebauter Klapptisch, ein paar Stühle und ein dürftiges Absperrband am Aufgang von Gleis 1 den Improvisationscharakter der neu eingeführten Grenzkontrollen. Eine Durchsuchung, eine kurze Befragung und eine erste Registrierung wurden am Bahnhof durchgeführt, ehe ein großer Bus der Bundespolizei mit einer Kapazität für rund 50 Personen die MigrantInnen für ein bis zwei Tage in die nahegelegene Kaserne des ehemaligen Bundesgrenzschutzes brachte. Diejenigen, die nicht nach Österreich zurückgeschoben wurden, sollten später eigenständig ihre Reise nach München fortsetzen und mit ihrem Asylverfahren beginnen.
Mit zunehmender Dauer der Grenzkontrollen zu Österreich änderte sich das Bild am Bahnhof: Während im Laufe der nächsten Monate und Jahre die Zahl der MigrantInnen immer weiter abnahm, professionalisierte sich der Ablauf der Kontrollen und das Gefühl des routinemäßigen Trotts machte sich bei meinen Beobachtungen breit. Aus dem Absperrband wurde ein Zaun mit Sichtschutz, später wurde vom Katastrophenhilfswerk ein Containerkomplex mit Sichtschutzwänden auf dem Vorplatz des Bahnhofs aufgebaut, in dem die erste Registrierung und Befragung seither stattfindet. In der jüngeren Vergangenheit konnte man Augenzeuge eines seltsamen Schauspiels werden: Auch wenn nur zwei oder drei Personen von BeamtInnen aus den Zügen geholt wurden, kam wenig später der große Reisebus der Bundespolizei vorgefahren, um allem Anschein nach nur so viele Menschen abzuholen und zur Kaserne zu bringen, dass diese ohne weiteres in einem normalen Polizeibus Platz gefunden hätten. Zu dieser Zeit hatte sich auch der Umgang mit MigrantInnen ein Stück weit verändert, wie mir ein Aktivist aus Rosenheim berichtete. Die Situation am Bahnhof sei weit weniger hektisch und aufgeregt als noch zu Beginn der Einführung der Grenzkontrollen, was vor allem an den gesunkenen Ankunftszahlen läge. Die Polizei mache auf ihn daher auch inzwischen einen ›professionelleren‹ Eindruck, ihr Verhalten gegenüber MigrantInnen sei ruhiger geworden, viele Abläufe hätten sich eingespielt. Er sieht darin eine mögliche Erklärung, warum inzwischen keine Erzählungen mehr über gesetzeswidrige Abschiebungen nach Tirol im Umlauf wären, anders als noch zu Beginn der neuen Grenzkontrollen in Rosenheim.
Mit der Einführung der Grenzkontrollen erhöhte sich auch die Kontrolldichte am Brenner und in den Eurocities aus Verona. Vorausgegangen war eine Bitte der bayerischen Sozialministerin Emilia Müller an ihre Südtiroler Amtskollegin Martha Stocker, vermehrt entlang der Brennerroute zu kontrollieren, da sich die Polizei in Bayern bereits den hohen Ankunftszahlen von der Balkanroute ausgesetzt sehe (Spiegel Online 2015b). In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal auf die trilaterale Polizeikooperation eingehen. Obwohl sich die konkrete Praxis der internationalen Polizeistreife nicht wesentlich änderte, fand aus meiner Sicht eine unweigerliche Umwidmung ihrer Wirkung statt, betrachten wir den radikal veränderten kontrollparadigmatischen Kontext, in dem sie sich nun befindet: Konnte sie vor der Wiedereinführung der nationalen Grenzkontrollen ihre Wirkung mittelfristig nur durch die Registrierung von Fingerabdrücken für spätere Dublin-Verfahren entfalten, ist sie nun Teil eines Kontrollkomplexes, der tatsächlich auf die unmittelbare, an den Grenzen beziehungsweise Grenzregionen stattfindende Verhinderung der sogenannten Sekundärmigration abzielt. Die Unterscheidung von Ulrich Beck und Edgar Grande zwischen regelsetzenden beziehungsweise regelverändernden Machtspielen einerseits und regelanwendenden Machtspielen andererseits (Beck/Grande 2007 [2004]: 208) verdeutlicht diese Umwidmung: Während es zu Beginn der trilateralen Polizeikooperation um eine Hilfestellung zur Anwendung einer existierenden Regelung (nämlich der Dublin-III-Verordnung) ging, ist sie nun Teil eines Prozesses, der die Regeln der Migrationskontrolle im Schengenraum neu setzt und verändert. Diese Veränderungen zeichnen sich dadurch aus, dass sich nun nicht mehr auf eine spätere ›Sanktionierung‹ der Sekundärmigration mit der Einleitung eines Dublin-Verfahrens durch die jeweiligen Asylbehörden verlassen wird, sondern versucht wird, der Sekundärmigration unmittelbar zu begegnen — an den Schengener Binnengrenzen und entlang der relevanten Routen. Aus meiner Sicht übte die trilaterale Polizeikooperation ab diesem Zeitpunkt zwei wesentliche Aufgaben aus. Zum einen ist sie nun fester Bestandteil der ›vorgelagerten‹ Kontrollen entlang der Brenner-Route, da die Streifen bereits ab Verona im Einsatz sind. Zum anderen, und das halte ich in diesem Punkt für sehr wesentlich, dient sie als Vehikel zum ›praxisnahen‹ Wissenstransfer zwischen den italienischen, deutschen und österreichischen Behörden. So wurde mir auch von Seiten der österreichischen Fremdenpolizei erläutert, dass die trilaterale Polizeikooperation vor allem auch dem Austausch über aktuelle Konjunkturen in der Transitmigration dient. Informationen darüber, wer mit welchen Mitteln versucht mit den Zügen die Grenzen zu überqueren, werden hier unter den Behörden geteilt. Dabei kann es beispielsweise um die (numerische) Relevanz der verschiedenen Nationalitäten gehen oder auch um die Identifizierung von Passfälschungen.
Doch trotz der Wiedereinführung der nationalen Grenzkontrollen und der von mir skizzierten Umwidmung der trilateralen Polizeikooperation blieb eine ›relative Durchlässigkeit‹ der Grenze weiterhin bestehen: auch wenn es schon zu diesem Zeitpunkt sicherlich mit mehr Schwierigkeiten verbunden war, Italien über die Brennergrenze zu verlassen, konnten MigrantInnen nach wie vor auch noch Personenzüge zur Überquerung der Brennergrenze nutzen. Zunehmend gewannen jedoch die Regionalzüge für die Transitmigration über den Brenner an Bedeutung.
SoldatInnen, Container, Zäune: Das neue ›Grenzmanagement‹ im Herzen des Schengenraums
Während die ›Schließung‹ der Balkanroute zu Beginn des Jahres 2016 weiter Konturen annahm (Moving Europe 2017) und die EU im März 2016 den sogenannten ›EU-Türkei-Deal‹ für die Wiedererlangung der Kontrolle der Fluchtmigration über die Ägäis als ›Fortschritt zurück‹ zum ›Schengener Normalzustand‹ verkaufte (Europäische Kommission 2016b), warb vor allem Österreich darum, die Blicke auf die zentrale Mittelmeerroute und damit auf die zu erwartende Verlagerung der Fluchtwege nach Italien zu lenken (Kurier 2016).
Schon im Februar 2016 waren erste Medienberichte über eine vermeintliche Schließung des Brenners durch Österreich zu lesen (Tiroler Tageszeitung 2016). Im März 2016 wurden die Pläne von der Regierung konkreter vorgestellt: Schon in wenigen Wochen könnte die österreichische Regierung das neue ›Grenzmanagement‹ am Brenner aktivieren, so der damalige österreichische Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil. Dies würde neben dem Einsatz des österreichischen Heeres und mobiler Sperrgitter auch den Aufbau eines Grenzzaunes und die Aufstellung von Containern bedeuten. Die Politik des ›Durchwinkens‹ müsse mit einer Dichtmachung des Brenners beendet werden, so die Töne des österreichischen Ministers (Tagesschau 2016). Auch ein österreichischer Einsatz auf italienischer Seite wurde diskutiert, unter der Berufung auf eine mögliche Reaktivierung eines Abkommens von 1985, welches österreichischen BeamtInnen damals Zugkontrollen bereits im italienischen Franzensfeste, also rund 50 Kilometer im Landesinneren Italiens, erlaubte (ORF 2016).
Die Pläne des neuen ›Grenzmanagements‹ waren nichts anderes als die Androhung einer massiven Militarisierung der Brennergrenze. Österreichische und italienische AktivistInnen riefen zu Demonstrationen am Brenner auf. Unter den Demonstrierenden kursierte ein Gerücht über die Aufkündigung der trilateralen Polizeikooperation von Seiten Italiens, das sich als falsch erweisen sollte. Jedoch betonte der italienische Innenminister Angelino Alfano, dass die Pläne Österreichs auch angesichts der seit 2014 gestärkten Polizeikooperation unnötig seien (Der Standard 2016) und die Schließung der Brennergrenze »gegen jegliche Logik, gegen die Vernunft und gegen die Geschichte« (ORF 2016) wäre. Auch aus Brüssel wurde Kritik an den Plänen geäußert. Die Diskussionen um die Kontrolle über die Bewegung der Migration in Europa entbrannten in dieser Heftigkeit erstmalig mit Blick auf die Brennerroute.
Mit Ausnahme vermehrter österreichischer Polizeikontrollen in den Zügen nördlich des Brenners und erster architektonischer Maßnahmen am Brenner wurden die großen ›Baupläne‹ der österreichischen Regierung, die weder zum damaligen noch zu einem späteren Zeitpunkt mit erhöhten Flüchtlingszahlen hätten gerechtfertigt werden können, nicht umgesetzt. Doch hatten sie weit mehr Auswirkungen als nur ein erneutes Kapitel über europäische Solidarität, über nationalstaatliches Misstrauen gegenüber der EU und über diplomatische Krisen zwischen Mitgliedsstaaten zu schreiben. Als ich zum ersten Mal nach der offiziellen Präsentation des Grenzmanagements den Brenner aufsuchte, befand sich eine Vielzahl an italienischen Polizei- und Militäreinheiten am Bahnhof. Die Bahnpolizei POLFER, der italienische Zoll, die Carabinieri (zum Militär gehörende Einheit mit polizeilichen Aufgaben), Einheiten des italienischen Heers mit ihren federgeschmückten Filzhüten. Im Bewusstsein über die Auswirkungen auf die Transitmigration und damit allen inneren Widerständen zum Trotz konnte ich diesem grotesken Schauspiel zunächst nur etwas surreal-komisches abgewinnen: Der kleine, beschauliche Alpenort Brennero hatte also zum polizeilich-militärischen Karneval geladen. Als ich über ein Jahr später die Vizepräsidentin von POLFER fragte, ob die Androhung Österreichs, den Brenner zu schließen, irgendwelche Auswirkungen auf die Kontrollintensität Italiens gehabt hätte, verneinte sie dies zu meiner Überraschung. Weder quantitativ noch qualitativ hätten sie am Brenner irgendwelche Veränderungen bei den Kontrollen vorgenommen. Nach dem Gespräch verflog meine Verwunderung über diese Antwort jedoch sehr rasch, die Beamtin hatte wohl schlicht und einfach nur von ihrer eigenen Bahnpolizei gesprochen. Diese war tatsächlich bereits vor den Androhungen Österreichs in vergleichbarer Zahl am Brenner präsent gewesen. Doch dieses zwischenzeitliche Missverständnis meinerseits war für mich ein weiterer Grund, der Bedeutung unterschiedlicher Polizeieinheiten, ihrer Befindlichkeiten, ihren Kämpfen um Legitimation und Kompetenz auch im Zuge der Renationalisierung des Schengenraums Rechnung zu tragen.
Auch ohne den Bau eines Zaunes hatte die Transitmigration über den Brenner im Frühjahr 2016 eine Zäsur erlebt. Zum einen erhöhte die italienische Regierung nicht nur am Brenner, sondern auch entlang der Zugstrecke die Polizeipräsenzen an den Bahnhöfen massiv. Bereits in Bozen wurden MigrantInnen daran gehindert, Züge in Richtung Brenner zu betreten. Auch der Bahnhof in Verona wurde nun ins Visier genommen, um MigrantInnen von der Ausreise aus Italien abzuhalten — 180 Kilometer Luftlinie südlich von der österreichischen Grenze gelegen. Die nach wie vor operierenden trilateralen Polizeistreifen hatten ihren Kredit als ›Kompromisslösung‹ zwischen den Staaten also endgültig aufgebraucht.
Zum anderen wurden die Kontrollen nördlich des Brenners weiter intensiviert und systematisiert, wie der Umgang der deutschen und österreichischen Behörden mit dem Eurocity fortan zeigte. Nach den intensiven Inspektionen des Zuges auf italienischer Seite beginnen seither zwischen zwei und vier österreichische BeamtInnen mit Ausweiskontrollen im Zug unmittelbar nachdem dieser die Grenze passiert — und wiederholen damit die Prozedur, die oft nur wenige Minuten zuvor von der italienischen Bahnpolizei im Zug während seines Aufenthaltes am Brenner durchgeführt wurde. In Innsbruck verlassen die österreichischen BeamtInnen in der Regel den Zug. Nur eine gute halbe Stunde später steigen BeamtInnen der Rosenheimer Bundespolizei im österreichischen Kufstein zu und beginnen ihrerseits mit Personenkontrollen nach dem Passieren der österreichisch-deutschen Grenze, bevor sie den Zug in Rosenheim wieder verlassen. Art und Umfang der deutschen und österreichischen Kontrollen scheint dabei von der Motivation der BeamtInnen und von der Anzahl der Fahrgäste abhängig zu sein. Insbesondere wenn nur wenige Reisende an Bord sind, werden oft alle Fahrgäste nach Ausweisen gefragt. Ist der Zug voller, werden oft nur Ausweise von denjenigen Personen verlangt, die von den BeamtInnen als potentielle MigrantInnen ›identifiziert‹ wurden. Entlang der österreichischen Strecke habe ich aber auch schon mehrmals erlebt, dass die vorausgehenden BeamtInnen anhalten und ein halbes Abteil um die Ausweise bitten, sobald sie eine ihrer Ansicht nach ›kontrollrelevante‹ Person gesehen haben. Ein für mich wenig überzeugender Versuch, nicht den Anschein zielgerichteter Personenkontrollen nach dem Prinzip des racial profiling zu erwecken.
Eine besondere Komplexität erlangen die an der Brennerroute stattfindenden Versuche der Immobilisierung von MigrantInnen mit Hinblick auf die italienisch-österreichische Grenze. Denn im Gegensatz zur Transitmigration aus Italien ist die Zahl derjenigen Asylsuchenden in Europa, die aufgrund ihrer abgelehnten Asylbescheide und der drohenden Abschiebungen in den nördlichen Ländern Europas den Weg nach Italien suchen, in den vergangenen Jahren gestiegen — auch über den Brenner. Dies ist der italienischen Regierung durchaus bewusst, die Einreise nach Italien über den Brenner ist somit ebenfalls stärker ins Visier der italienischen Behörden geraten. Seither mehren sich die Fälle, in denen MigrantInnen (zum Teil auch ganze Gruppen) zwischen österreichischer und italienischer Seite hin und hergeschickt und von den jeweiligen Behörden mit Verweis auf die Illegalität des Grenzübertritts des Landes verwiesen werden.
Die Überwindung der Alpen mit dem Güterzug
Die Transitmigration aus Italien in den Personenzügen ist seither nie völlig zum Erliegen gekommen, wenngleich die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Grenzüberquerung über diesen Weg noch einmal drastisch verringert wurde.
Von der kritischen Migrations- und Grenzregimeforschung ist in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen worden, dass die Schließung von Grenzen Migrationsbewegungen nicht einfach unterbindet, sondern viele MigrantInnen auf gefährlichere Wege oder Transportmittel zurückgreifen (Heck 2010: 53). Eine solche Entwicklung lässt sich auch für die Überquerung der Alpen konstatieren. Nur wenige Wochen nach der Kontrollintensivierung im Frühjahr 2016 verdichteten sich die Anzeichen, dass MigrantInnen nun Güterzüge für den Transit nutzen. Erste Pressemitteilungen der deutschen Bundespolizei gelangten im Verlauf des Sommers 2016 an die Öffentlichkeit, die mediale Berichterstattung dazu blieb jedoch äußerst gering. Griffen einzelne Tageszeitungen das Thema auf, reduzierten sich die Artikel auf den Abdruck der polizeilichen Mitteilung und einen Verweis auf die durch die Vorfälle entstandenen Behinderungen für den öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Kritische, hinterfragende Berichterstattungen oder politische Debatten zu diesem Thema blieben aus, während sich die Transitmigration mit dem Güterzug zu einem quasi alltäglichen Phänomen entwickelte, wie ich es bereits zu Beginn des Textes verdeutlicht hatte. Seither vergeht kaum mehr eine Woche ohne einen Bericht der deutschen Bundespolizei, dass erneut bis zu 30 MigrantInnen auf Güterzügen aus Italien bei der Einreise nach Deutschland aufgegriffen wurden (Bundespolizeidirektion München 2017). Selbst in den Wintermonaten, an denen am Brenner oftmals zweistellige Minusgrade herrschen, werden die Güterzüge von MigrantInnen genutzt, viele kommen mit starken Unterkühlungen in Deutschland an. Entlang der Zugstrecke kam es seither zu schweren Verletzungen, mehrere MigrantInnen sind schon beim Versuch auf Güterzüge zu gelangen oder während der Fahrt gestorben — in Italien, in Österreich und in Deutschland (Kurier 2017; Süddeutsche Zeitung 2017).
Auf deutscher Seite wurden die Güterzüge noch bis zum Herbst 2017 überwiegend in Raubling, einer kleinen Stadt vor Rosenheim, kontrolliert. BeamtInnen der Bundespolizei durchleuchteten nachts die dort haltenden Güterzüge und fanden regelmäßig MigrantInnen zwischen den Containern und den Fahrgestellen. Im Herbst wurde der Großteil der Kontrollen auch für Güterzüge nach Rosenheim verlegt. Hinter den Bahnsteigen für Personenzüge gelegen wurde ein Gleis mit Gittern eingezäunt, ein Sichtschutz angebracht und Scheinwerfer montiert. Nachts kommt auch regelmäßig ein Polizeihubschrauber zum Einsatz.
In Österreich werden die Güterzüge vor allem vom österreichischen Bundesheer kontrolliert. Im März 2017 kündigte der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter den Bau eines neuen Bahnhofes am Brennersee, also unmittelbar hinter der italienischen Grenze, an. Das 1,3 Millionen Euro teure Projekt wurde im Frühherbst 2017 fertiggestellt und in Betrieb genommen; es soll als infrastrukturelle Maßnahme die Bahnhöfe Innsbruck und Steinach entlasten und eine umfangreichere Kontrolle der Güter- sowie Personenzüge ermöglichen. Auch die Lärmbelastung durch nächtliche Güterzugkontrollen soll durch den neuen Bahnsteig gesenkt werden und die Aktivierung des Grenzmanagements ›auf Knopfdruck‹ noch besser möglich werden (ORF 2017).
In meinem Gespräch mit dem Landessekretär der italienischen Polizeigewerkschaft SIULP wurde der neue Bahnsteig ebenfalls thematisiert: Er sei ein weiteres Indiz für andauernde systematische Kontrollen, die im Schengenraum verboten wären. Während sich die Vizechefin von POLFER mit Kritik zurückhielt und bei der Frage nach den Güterzügen auf die vom Ministerium neu ausgegebenen Flyer verwies, auf denen in verschiedenen Sprachen über die Gefahren des Betretens von Gleisen informiert und vor dem Aufspringen auf Züge gewarnt wird, wurde der Präsident der Bahnpolizei Gianluigi Rispoli in einem Zeitungsartikel vom Dezember 2017 deutlicher. Die deutsche Bundespolizei hätte erst vor kurzem über die Ankunft von 23 MigrantInnen mit einem Güterzug berichtet und behauptet, die MigrantInnen wären in Verona auf die Güterzüge geklettert. Dies könne nicht sein, denn sie würden intensive Kontrollen ausüben — doch besonders ärgere ihn, dass sie erst vor kurzem eines ihrer regelmäßigen Treffen mit den österreichischen und deutschen Behörden gehabt hätten und dieser Vorwurf dort nicht zur Sprache kam (Arena 2017).
Trotz dieser ›diplomatischen Spannungen‹ stimmte Italien einer Ausweitung der trilateralen Polizeikooperation bereits im November 2017 zu: am Brenner sollen nun auch gemeinsam die Güterzüge kontrolliert werden, Deutschland und Österreich hatten sich also den Kontrollzugriff auch auf italienischem Boden gesichert. Wie eine ›beratende‹ Tätigkeit bei Güterzugkontrollen aussehen soll, bleibt unklar.
Flankiert von den konfliktgeladenen Aushandlungen um die Kontrolle der Güterzüge, reduzierte die italienische Polizei nach dem Sommer 2016 schrittweise ihre Anwesenheit an den Bahnhöfen südlich des Brenners. Auch eine erneute Drohgebärde Österreichs vom 04. Juli 2017, als der Verteidigungsminister die grenznahe Verlegung von 750 SoldatInnen und ›schwerem Gerät‹ — darunter vier Pandur-Radpanzer — öffentlich verkündete und von der Möglichkeit einer Schließung des Brenners innerhalb von 72 Stunden sprach (Der Standard 2017), änderte dies nicht.
Doch mit dem Ausruf Österreichs zur Militarisierung der Brennergrenze im Frühjahr 2016 veränderte sich die Art und Wahrnehmbarkeit der Transitmigration nicht nur in Hinblick auf die Ankünfte von MigrantInnen in Deutschland. Auch die Situation in den Städten Norditaliens wandelte sich: Umso umkämpfter die Frage der Mobilität wurde, umso mehr reduzierte sich die Sichtbarkeit der Transitmigration in ihrer Unmittelbarkeit an Bahnhöfen und in den Personenzügen. In Bozen waren im Verlauf des Jahres 2016 immer weniger MigrantInnen am Bahnhof anzutreffen, dagegen wuchs die Zahl an wohnungslosen MigrantInnen in den Parks oder unter Brücken. Die Stadtregierung Bozens begann mit einer massiven Kriminalisierung von Wohnungslosen, löste informelle Camps auf und verbaute den Zugang zu leicht geschützten Flächen. Es ist davon auszugehen, dass sich im Verlauf dieser Entwicklung die Transitmigration stärker in die lokalen Aufnahmestrukturen, seien es Flüchtlingscamps oder Winter-Notquartiere, verlagert hat. MitarbeiterInnen von Aufnahmezentren sind sich auch bewusst, dass sie als ›Transitzentren‹ benutzt werden, denn viele Menschen verschwinden bereits kurz nach der Aufnahme wieder.
Dass inzwischen vermehrt Güterzüge zur Überwindung der nationalstaatlichen Grenzen im Alpenraum genützt werden, ist nicht nur die Folge einschlägiger Veränderungen im Umgang mit der Sekundärmigration entlang der Brenner-Route, die ich in diesem Artikel anhand der Wiedereinführung systematischer Grenzkontrollen durch Deutschland und des österreichischen Grenzkontrollmanagements am Brenner dargestellt habe. Die Migration mit dem Güterzug hat auch ein weiteres Mal zu Justierungen und Ausweitung der Schengener Binnengrenzkontrollen geführt und hat den sozialen, politischen und ökonomischen Kontext, in dem die Transitmigration geschieht, verändert. Dies zeigt die Entwicklung in Norditalien, wo die Transitmigration in den Norden nicht zum Erliegen gekommen ist, sich aber ihre Form verändert und ihre Intensität und vor allem ihre Sichtbarkeit reduziert hat. Ausgehend von diesem Punkt möchte ich mich abschließend noch einmal dem Renationalisierungsprozess widmen und einige Punkte aufführen, welche die Charakteristiken der Rekonfiguration des Schengenraums an der von mir untersuchten Route verdeutlichen.
Die Bewegungen der Migration und die Rekonfiguration des Schengenraums
Die Transitmigration durch die Alpen hat sich in den zurückliegenden Jahren stark verändert. Während Personenzüge kaum noch genutzt werden, haben andere Wege zur Grenzüberwindung mehr Bedeutung gewonnen: mit dem PKW, zu Fuß über die sogenannte ›grüne Grenze‹ jenseits von Autobahnen, Bundesstraßen und Zuggleisen oder auch die Nutzung von Güterzügen. All diese Wege setzen in der Regel eine längere Vorbereitungszeit und einen besseren Zugang zu Netzwerken und kollektivem Wissen voraus und haben so die Migration durch die Alpen verlangsamt, die sich im Zuge dessen auch der unmittelbaren öffentlichen Wahrnehmung schrittweise entzogen hat. Unmittelbar, da sie nicht mehr in vergleichbarer Form wie noch vor wenigen Jahren an den Bahnhöfen Norditaliens in Erscheinung tritt. In der öffentlichen Wahrnehmung ist sie jedoch weiterhin präsent, jedoch vermittelt über mediale Berichterstattungen und politische Debatten. Zudem wird sie Reisenden durch die Anwesenheit von Militär und Polizei an den Bahnhöfen und in den Zügen ins Bewusstsein gerufen.
Abseits der Bahnsteige und Bahnhofshallen hat sich die Transitmigration hingegen in Parks und teilgeschützte Flächen im öffentlichen Raum ›zurückgezogen‹ und sich auf spezifische Art und Weise in die regionalen Aufnahme- und Unterbringungsstrukturen eingeschrieben, die inzwischen vermehrt als ›Zwischenhalt‹ fungieren und in dieser Form als informelle ›Transitzonen‹ genutzt werden. Sich auf diesem Wege dem Zugriff durch polizeiliche Behörden zu entziehen, prägt die Kämpfe um Mobilität entlang der Brenner-Route ebenso wie die Schaffung ›kurioser Allianzen‹, wie sie noch vor und auch zu Beginn des Renationalisierungsprozesses sichtbar waren. Auch die Verlagerungen auf andere Verkehrswege und Transportmittel begleiten den Prozess, lösen Neujustierungen in den staatlichen Kontrollpraktiken aus und tragen so zur umkämpften Rekonfiguration des Schengenraumes bei.
Analytisch lassen sich diese Praktiken und Strategien der Bewegungen der Migration mit Charakteristiken zusammenfassen, die für das Konzept der ›non-movements‹ des Soziologen Asef Bayat konstitutiv sind.1 Mit der Verlagerung der Verkehrswege, der Nutzung von Aufnahmestrukturen und den kuriosen Allianzen werden ›Zonen der relativen Freiheit‹ (Bayat 2010: 25) erschlossen, angeeignet oder kreiert. Mit der Bildung von informellen Camps in Parks werden ›passive Netzwerke‹ jenseits von öffentlichen Institutionen und Organisationen formiert (ebd.: 22). Was diesen Praktiken eine Gemeinsamkeit verleiht, ist die ›leise Beanspruchung des Gewöhnlichen‹ (ebd.: 34) — die Bewegungsfreiheit im Schengenraum, die zwar für Asylsuchende nicht rechtlich verankert ist, aber durch die Beharrlichkeit der MigrantInnen trotz der Regulierungsversuche der Sekundärmigration immer wieder eingefordert wird.
Wenn die konflikthafte Rekonfiguration von Grenzen zuallererst als Reaktion auf Migrationsbewegungen zu verstehen ist, wie Sabine Hess mit dem Regimeansatz verdeutlicht (2016: 63), weist der Prozess der Renationalisierung am Beispiel der Brennerroute auch darüber hinaus. Noch in der ersten Phase der nationalen Grenzkontrollen im Jahr 2015 traten jene krampfhaften reflexartigen Reaktionsformationen zu Tage, welche Nicholas de Genova den staatlichen Taktiken des borderings attestiert (2016). Die provisorische Errichtung von Kontrollstellen wie am Bahnhof Rosenheim wich jedoch mit der Zeit einer Professionalisierung und Routinisierung des Kontrollablaufs und formte die Grenzarchitekturen der Brennerroute. Können die Entwicklungen zu Beginn teilweise noch als ›krampfhafte‹ Reaktion gelesen werden, entwickelten jene Reaktionen eine mancherorts skurrile Trägheit, die augenscheinlich nicht mit den aktuellen Grenzüberschreitungen in Einklang gebracht werden können — bedenken wir den Dauereinsatz des großen Polizei-Reisebusses in Rosenheim.
Die Konturen der Renationalisierung können auch nicht nur anhand der Konfliktlinien zwischen der Bewegung der Migration und den staatlichen Versuchen der Kontrolle oder den ›Lösungen‹ auf ›nationaler‹ oder europäischer Ebene verstanden werden. Kämpfe um Kompetenzen und Legitimationen sowie Formen der (Selbst-)Aufwertung von Polizei- oder Militäreinheiten prägen die lokalen Ausgestaltungen des Renationalisierungsprozesses mit. In meinen Gesprächen mit italienischen BeamtInnen kam immer wieder die Frage auf, wer für welchen Bereich zuständig sei, wer die Kompetenz besitzt, Ausweise zu kontrollieren und Personen an der Weiterreise zu hindern: Die Frage danach, wer der ›Chef‹ an der Grenze und in den Zügen ist, zog sich von den verschiedenen Polizei- und Militäreinheiten letztlich bis hin zum Bahnpersonal durch. Das Beispiel Tirol zeigt indes, wie die Politik aufgrund der gestiegenen Kontrollansprüche entlang der Brenner-Route neue Stellen für die Polizei schafft. Für die Fremdenpolizei in Tirol wurde eine Ausbildungsoffensive gestartet, 100 zusätzliche Stellen wurden aufgrund der ›Migrationsproblematik‹, wie mir ein österreichischer Beamter erklärte, geschaffen — mit kürzeren Ausbildungszeiten und vielen motivierten und ambitionierten jungen PolizistInnen, erläuterte mein Gesprächspartner. Und nachdem sich der bundespolizeiliche Standort Rosenheim durch die Migrationsbewegungen des Jahres 2015 und die Wiedereinführung der nationalen Grenzkontrollen in nur kurzer Zeit seine zuvor in Frage gestellte Daseinsberechtigung um ein Vielfaches steigerte, nahm die neu geschaffene bayerische Grenzpolizei im Juli 2018 ihre Arbeit auf — eine Einheit mit derzeit 500 BeamtInnen, deren Zahl sich jedoch nach den Plänen der CSU bis 2023 noch verdoppeln soll (Süddeutsche Zeitung 2018). Ein glaubhafter politischer Wille, Schengen wieder in den ›Normalzustand‹ zurück zu versetzen, sieht anders aus. Und die Vermutung liegt nahe, dass sich die nationalen Grenzkontrollen im Schengenraum zu einem ›dauerhaften Provisorium‹ mausern.
Abschließend möchte ich die Renationalisierungsprozesse noch in ein Verhältnis zur Europäisierung bzw. zur europäischen Integration setzen. Sowohl die Vizepräsidentin von POLFER als auch der Landessekretär von SIULP verwiesen darauf, dass die bi- und trilateralen Polizeikooperationen zwischen Italien, Österreich und Deutschland bereits auf die 1990er Jahre zurückgehen und eine originär europäische Idee seien — Ziel war es, Reisende in den Europaregionen rund um den Brenner vor Kleinkriminalität wie Diebstahl in internationalen Zügen zu schützen. Erst 2014 änderte sich der Fokus dieser Kooperation mit dem Ziel der Eindämmung der Transitmigration — meine GesprächspartnerInnen monierten jedoch, dass sich hier eine eindimensionale Wahrnehmung fortschreibt, es ginge schließlich nur um die Migration von Süden nach Norden. So zeigt das Beispiel der trilateralen Polizeikooperation erstens, dass die Prozesse der Renationalisierung auch zwischen den Mitgliedsstaaten stark von Konflikten durchzogen sind. So wie Beck und Grande im Schreiben über die ›Irreversibilität‹ des Europäisierungsprozesses verdeutlichen, dass Renationalisierungsstrategien fortan immer im europäischen Kontext erfolgen (müssen) (2007 [2004]: 127, 209), so ist auch die derzeitige Rekonfiguration des Schengenraums kein einfaches ›zurück‹ zu nationalstaatlichen Kontrollparadigmen der Zeit vor Schengen — so zeigt die trilaterale Zusammenarbeit zweitens, dass die Renationalisierung der Migrations- und Grenzpolitik sich in Prozesse der Europäisierung einschreibt, sie aufgreift und umdeutet.
Literatur
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